Ohne viel Zeit zu verlieren realisierte Bea Meyer nach eigenen Auskünften ihre aktuelle Ausstellung im kjubh (Cube) als impulsive Werkschau. Das sieht man den 79 Exponaten, die akkurat an den Wänden aufgereiht sind, jedoch nicht an. Im Gegenteil – auf den ersten Blick kommen Assoziationen zu einer vorbildlich geführten Stallung mit akribisch angebrachtem Pferdegeschirr auf. Alles hat seinen Platz, alles ruht, ergibt sich der Schwerkraft und wartet auf die Rückkehr der Besitzer:innen. Die Ruhe täuscht. Natürlich. Meyers „Seilungen“ locken die Besucher:innen mit Farben. Schwarz, Gelb, Pink, Orange, Silbergrau und Lavendelgrün. Das funktioniert bei Insekten ebenso wie bei Menschen. Als nächstes folgt der eingebildete Duft von Verflechtungen. Jedes Objekt gleicht einem Körper, der von unzähligen Verbindungen zusammengehalten wird. Strümpfe, Tücher, Kunststoffe, Ledergürtel, Steine, Styropor-Netze, Perlen, bedrucktes Papier (aus Kalendern der Vergangenheit). Drähte fließen ineinander, verirren sich auf schmalen Geraden, winden sich in halbherzigen Kurven, drohen zu zerreißen, sich abzuspalten oder entblößen sich in wirren Kräuseln, abstehenden Fäden, die wie Stacheln vor leichtsinniger Berührung warnen.
Bea Meyer schafft Knoten, die es nicht zu lösen gilt. Sie sind der essentielle Bestandteil von Beziehungen zwischen Der, Die und Das. Alles passt auf alles, wenn anstelle des einseitigen Willens die freundliche Bereitschaft, also das von Neugier geprägte Zulassen, besteht. Im Zusammenspiel mit dem weichem Licht der überschaubaren Galerie, stets beruhigenden Winkeln und (glücklicherweise) fehlenden Informationsfluten bleiben die Betrachter:innen auf Augenhöhe zum Gegenstand, der keiner ist. Die Leipzigerin mit Sympathie für die Rheinmetropole präsentiert delikate Momente der Zusammenführung, deren Aufeinandertreffen nicht länger auf sorgfältig zerdachte Konzepte warten durfte. Chirurgisch, bedrohlich, humoristisch und für den freien Geist auch ein wenig erotisch muten die Eingriffe in Stofflichkeiten an, verführen zu zarten Gedankensplittern über ersehnte Synergien, Spielereien, Hingaben, fließen wieder rückwärts entlang der Nahtstellen des tropfenden Verstands. Der „Goldene Moment“ – eine ungewöhnliche wie kostbare Ausstellung mit hohem Erkenntnisgehalt über das verlaufene Ego.
Bea Meyer: Goldener Moment | bis 3.6., Fr., Sa. 15-18 Uhr u. n. Ver. | kjubh Kunstverein | www.kjubh.de
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