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„Antique Gun Firing“, Vintage ferrotyped gelatin silver print, Harold Edgerton, 1936, Galerie Julian Sander
Repro: Thomas Dahl

Geschosse umarmen

10. Juni 2025

Drei Ausstellungen in Köln erweitern das Bewusstsein – Galerie 06/25

Keinen Riesen, sondern dessen Schein setzt Nic Hess den Besucher:innen der Philipp von Rosen Galerie vor die Sinne. Der Riese offenbart sich als unerwartet ruhiger Zeitgenosse, der lächelnd durch die Räume marschiert, fließt, weht. Die Arbeiten des Schweizer Künstlers sind nicht auf einen Körper reduziert, vielmehr prägen sie Landschaften, spiegeln sich in Gewässern oder erschaffen Horizonte, deren Grenzlinien in Klebeband eingefasst sind. Aus der Ferne wahrlich imposant, verlieren die Bildnisse mit jedem Schritt an Größe. Eine brillante Täuschung, die Macht suggeriert. Die Werkschau setzt jedoch auf subtilen Humor und Sarkasmus. So verweist die Collage „Adieu und Farewell, CS!“ mit einem scheinbar weitentfernten Segelschiff auf den Untergang der Großbank Credit Suisse.

Komplett entspannt präsentiert sich die Temporary Gallery mit „Embracing The Fold“ (dt.: „Die Falte umarmen“) von Kinke Kooi und Roland Schimmel. Für die  Zeichnungen, Malereien, Collagen, Installationen, Objekte und Computeranimationen des Künstler:innenpaares haben Astrid Kajsa Nylander und Pål Rodenius ein Mobiliar- und Raumkonzept entwickelt, das die drei Areale in Zwischenschritten vom Dämmerzustand bis zum gleißenden Licht einhüllt. Hier fallen schwarze Löcher in sich zusammen, pulsieren Sterne, erwarten Bäche und Kissen die Träumenden. Kontrastiert werden die kosmischen Spiele durch die stumpfe Strenge von Linealen als kontrollierende, normierte Maßeinheiten in Gebärmuttern. Eine irritierend-betörende Umarmung mit den Seinszuständen.

Die Krönung des Milchtropfens, die abgefeuerten Projektile auf ihrer Durchquerung eines Apfels oder einer Glühbirne – Harold Eugene Edgerton (1903-1990) kultivierte bereits in den 1930er Jahren in seinen Aufnahmen die Hochgeschwindigkeitsfotografie. 61 seiner Bilder aus der Sammlung Gerd Sander überwinden zurzeit in der Galerie Julian Sander beim Photoszene-Festival Köln sämtliche Tempoauflagen und vereinen Ästhetik und Wissenschaft zu einer bewusstseinserweiternden Kunst. Neben weltbekannten Motiven zeigt die Galerie auch unbekanntere, etwa eine Serie kleinformatiger Abzüge mit geplatzten Luftballons nach einem Rendezvous mit Wurfpfeilen. 

Philipp von Rosen Galerie: Scheinriese | bis 21.6. | Temporary Gallery: Embracing The Fold | bis 10.8. | Galerie Julian Sander: Photographs from the Gerd Sander Collection | bis 26.7.

Thomas Dahl

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