Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
23 24 25 26 27 28 29
30 31 1 2 3 4 5

12.582 Beiträge zu
3.812 Filmen im Forum

Valerie Solanas und ihr Alter Ego bei Andy Warhol
Foto: Rojzman, Muñoz, bahoe books

Kunst leben, Kunst töten

05. August 2024

(Auto-)Biografische Comics bleiben ein großer Trend – ComicKultur 08/24

Der chinesische Künstler Ai Wei Wei erzählt in „Zodiac“ von seinem Leben und seiner Kunst. Dafür hat er sich mit der italienischen Kuratorin und Autorin Elettra Stamboulis und dem Zeichner Gianluca Costantini zusammengetan. Unterteilt in die chinesischen Tierkreiszeichen mäandert Ai Wei Wei durch sein Leben – von den harten Anfängen als Kind seines unter Mao verbannten Vaters, dem Dichter, Maler und Regimekritiker Ai Qing, mit dem er fünf Jahre ohne viele Worte oder Berührungen in einer Erdhöhle leben musste, über die Studienzeit in New York, die Repressalien und Verhaftung als Regimekritiker unter der chinesischen Regierung nach seiner Rückkehr in die Heimat bis zu seiner Zeit in Berlin und England. Das alles bespricht er in der in zarten Bleistiftstrichen gehaltenen Graphic Novel vor allem mit seinem Sohn, dem er von Kunst, Moral und Idealen erzählt (Knesebeck).

Auch hier spielt die Kunst eine Rolle: In „Scum. Die Tragödie von Valerie Solanas“ folgen Théa Rojzman und Bernardo Muñoz dem Leben der radikalen Feministin und Autorin Valerie Solanas, die vor allem durch ihr Attentat auf Andy Warhol im Jahr 1968 berühmt geworden ist. In desolaten Verhältnissen aufgewachsen, vom Vater missbraucht, gelingt Solanas dennoch der Schulabschluss und das Studium der Psychologie. Sie schrieb ein Theaterstück und ihr legendäres S.C.U.M.-Manifest „zur Vernichtung der Männer“. Zwischen Prostitution, Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit entwickelte ihr kluger Kopf zunehmend Wahnvorstellungen und Verschwörungstheorien. Der Comic zeichnet das Leben der ungewöhnlichen Frau als deliriöse Schizophrenie-Story nach (bahoe books).

Wie Menschen zu Befürwortern einer Diktatur werden, erzählt Tobi Dahmen in seiner nach „Fahrradmods“ abermals opulenten Geschichte „Columbusstraße“. Dieses Mal nicht autobiografisch, aber als „Eine Familiengeschichte 1935 – 1945“ biografisch, hat Dahmen die Geschichte seiner Familie während des Faschismus in Deutschland aufwendig recherchiert. Anschaulich schildert er, wie auch zunächst widerständige Geister schließlich der Masse folgen. Dabei hat jede:r seine eigenen Gründe, sich dem Massenwahn anzuschließen und seine eigene Strategie, sich moralisch aus der Verantwortung zu nehmen. Ein beeindruckendes Werk, das eine Fortführung erhalten wird (Carlsen).

Christian Meyer-Pröpstl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Kampf den weißen Blättern
Zwischen (Auto-)Biografie und Zeitgeschichte – ComicKultur 12/24

Comics über Comics
Originelle neue Graphic Novels – ComicKultur 11/24

Krawall und Remmidemmi
Begehren und Aufbegehren im Comic – ComicKultur 10/24

Ein Quäntchen Zuversicht
Düstere, bedrohliche Welten mit kleinem Hoffnungsschimmer – ComicKultur 09/24

Repetitive Einsamkeit
Comics aus der (inneren) Isolation – ComicKultur 07/24

Allzu menschlicher Sternenkrieg
Annäherungen an Philosoph:innen und Filmemacher:innen – ComicKultur 06/24

Von Kant bis in die Unterwelt
Zarte und harte Comicgeschichten – ComicKultur 05/24

Female (Comic-)Future
Comics mit widerspenstigen Frauenfiguren – ComicKultur 04/24

Spurensuche
Comics zwischen Wirklichkeit, Fantasie und Spektakel – ComicKultur 03/24

Held:innen ohne Superkraft
Comics gegen Diktatur und Ungerechtigkeit – ComicKultur 01/24

Ernste Töne
Neue Comics von Sfar, Yelin und Paillard – ComicKultur 12/23

Ausstellung in Buchformat
Wenn jedes einzelne Panel im Comic einem Kunstwerk gleicht – ComicKultur 11/23

Literatur.

HINWEIS