Da steht eine Ansammlung von Gabelstaplern am hinteren Ende des Ausstellungsraumes, eine riesige Baustellenlaterne liegt umgekippt im vorderen Bereich auf dem Boden. Eher unscheinbar wirkt dagegen das Waschbecken, das an der linken Wand des Raumes angebracht ist. Bei näherer Betrachtung entdeckt man, dass es vier Kalt- und nur einen Warm-Wasserhahn hat. Mit seiner Arbeit „If the Stones Could Talk“ kreiert der 1978 auf Kuba geborene, in Oslo lebende Künstler Juan Andrés Milanes Benito eine neue, in sich kongruente Welt. Um die Zusammenhänge zu verstehen, muss man sich ganz auf seine Kunst einlassen.
Auf den ersten Blick erscheinen die ausgestellten Objekte wie Ready-mades, deren künstlerische Relevanz nicht sofort deutlich wird. Durch die Entfernung von ihrem eigentlichen Bestimmungsort wirken sie deplatziert und verbreiten eine fast befremdliche Atmosphäre. Doch der Künstler ruft den Betrachter dazu auf, genauer hinzuschauen. Tatsächlich scheinen die Objekte auf etwas hinzuweisen, das außerhalb ihrer physischen, reinen Präsenz in der Kunstausstellung existiert. Sie sind Hinweise auf eine Parallelwelt, in der sie eine größere Bedeutung haben. Milanes Benito versteht es, mit der Wirklichkeit zu spielen.
Die Gesamtheit seiner künstlerischen Arbeit wird erst bei Beachtung der Vielzahl an Bildern deutlich, die die Ausstellung der Objekte komplementieren. In eigens gefertigten Zeichnungen zeigt der Künstler hier einerseits Alltagsobjekte, andererseits Szenen in denen er selbst mit ebendiesen interagiert. Aus den Zeichnungen geht hervor, dass die ausgestellten Objekte zwar originalgetreu nachgebaut sind, in Wirklichkeit aber von viel geringerem Gewicht sein müssen als jene, mit denen tagtäglich auf der Straße und anderswo gearbeitet wird. Die Objekte sind scheinbar so leicht, dass es sogar möglich ist, sie auf den eigenen Schultern zu tragen. Genau dies tut der Künstler auf einigen seiner Bilder.
Tatsächlich ist Juan Andrés Milanes Benito auch Performance-Künstler. In seinen Darbietungen spielt er mit der Tatsache, dass jeder Mensch unzählige Ideen und Gedanken mit Alltagsgegenständen verbindet. Abhängig von individuellen Lebenssituationen oder kulturellen Hintergründen können diese Vorstellungen sehr ähnlich oder sehr verschieden sein. Eben diese Vorstellungen setzt er in seinen Performances außer Kraft und ebnet so einen Weg für neue Sichtweisen.
In einer seiner vielen Performances steigt er mit einem Gabelstapler auf dem Arm in eine Osloer Metro, in einer anderen trägt er eine Baggerschaufel die Straße hinunter. Die Performances dokumentiert er niemals filmisch oder fotografisch. Stattdessen zeichnet er sie selbst auf eine Leinwand. So schafft er ein Kunstwerk, das auf einem bereits stattgefundenen Kunstwerk basiert.
Rauminstallation „If the Stones Could Talk“ von Juan Andrés Milanes Benito | bis 18.12., Do-So 15-18 Uhr | Neues Kunstforum, Alteburger Wall 1 | 0221 34 29 78
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