Aus den Lautsprechern auf der Bühne der Comedia (grüner Saal) strömen arabisch anmutende Klänge, die in rockmusikalische münden: Der Einstieg in das „Zuckerfest für Diabetiker“, in dem die deutsch-türkischen Problemzonen verhandelt werden, könnte nicht passender sein. Am 12. April geht es in die nächste Runde, bevor im Herbst ein kleines Jubiläum ins Haus steht: ziemlich genau fünf Jahre ist es her (Premiere war im Oktober 2013), dass das Ensemble um Moritz Netenjakob samt Ehefrau Hülya Dogan-Netenjakob zum ersten Mal die Bühne erobert hat. Und zwar mit ebenso anschaulichen wie einfachen Mitteln.
Neben den Netenjakobs sind es Serhat Dogan und Markus Barth, die die kulturellen Unterschiede ausloten. Dafür braucht es keinen Erdogan und keine Merkel. Es genügt völlig, wenn Hülya Dogan-Netenjakob spitze Entzückungsschreie ausstößt, um zu zeigen, dass die deutsche Kultur eine vergleichsweise trockene (auf rheinisch: dröge) Angelegenheit ist. Auch wenn es manchem befremdlich vorkommen mag: Türkinnen verlieren selbst aus nichtigen Gründen gerne die Kontrolle über ihre Emotionen. Muss man so hinnehmen – und vor allem gesehen und gehört haben.
Da erweist es sich als hilfreich, wenn man erklärt bekommt, wieso Deos und Reiniger scharf sein müssen und wie schnell sich Missverständnisse einschleichen, wenn es sich um Frozen Joghurt handelt und jemand Votzen-Joghurt versteht. Es geht um deutsche Musik, Integration in der Arbeitswelt, den Umgang mit Andersdenkenden und die Frage, wieso Barth noch nie eine Freundin hatte. Die Antwort ist ganz einfach und benötigt keinen Katastropheneinsatz, weil der Mann nichts mit Mädchen am Hut hat und die Moschee in Ehrenfeld immer noch nicht eingestürzt ist.
Aber es kommt noch doller: Barths Hund hat die Putzfrau vergrault, Hülya einen Thermomix gekauft und einen Bausparvertrag abgeschlossen. Gute Laune ist auch in der Türkei nicht immer gern gesehen – im Gegensatz zum Bauchtanz – und ein türkischer Umzug eine echte Herausforderung für alle Beteiligten. Dass die Islamisierung des Abendlandes in Dresden ihren Ausgang genommen hat, ist zwar nicht ganz neu, aber nach wie vor ein erstaunliches Phänomen.
Im Übrigen erfährt man auch nicht, was Oliver Pocher eigentlich macht und wie es mit dem 1967 gegründeten türkischen Fußball-Club Trabzonspor Kulübü in der Heimat von Netenjakobs Schwiegervater nach dessen Tod vor über fünf Jahren weiter gegangen ist. Aber immerhin wird eines klar: Eine Beschneidung am Rhein garantiert zwar noch lange nicht, dass der Türke ein karnevalistisches Gen besitzt, aber genügend Humor, um ein lustiges Lied auf die „Moschee in Ihrefeld“ anzustimmen.
Ein Abend für die ganze Familie – egal mit welchen Wurzeln und welcher Haarfarbe – dessen Erfolg viele gute Gründe hat, zu denen ganz sicher auch Moritz Netenjakob in glänzenden Leggins gehört: ein politisch korrekter Spaß, der keinem weh tut – schon gar nicht den Zuschauern – meint die Ihnen stets ergebene
Zuckerfest für Diabetiker | Do 12.4., Do 3.5. 20.30 Uhr | Comedia | 0221 888 71 222
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