Gerade wenn der Sommer so brüllend heiß ist wie im vergangenen Jahr, zieht es viele Leute auch abends eher ins Freie – das macht die Jahreszeit für Theater und Bühnenkünstler eher mau. Rosa K. Wirtz, Inhaberin des Atelier Theaters in der Roonstraße, mochte sich nach ihrer Übernahme des Theaters damit jedoch nicht abfinden und ließ sich etwas einfallen, um ihr Etablissement auch in den Sommermonaten belebt zu halten. Ihre Idee war so erfolgreich, dass sie sich unter dem Titel „Gratis und nicht umsonst“ zu einer traditionsreichen Veranstaltungsreihe gemausert hat, die in diesem Jahr bereits in die 22. Runde geht.
Das Prinzip ist einfach: Während auf der großen Bühne im Keller das Licht aus bleibt, wird die kleine Bühne im zur Straße hin offenen Wirtzhaus über die zwölf Wochen des Sommers jeweils für eine Woche einem Comedian überlassen. Vier Abende hintereinander, von Montag bis Donnerstag, tritt er oder sie jeweils zwei Mal 20 Minuten lang auf – „quasi ein halbes Soloprogramm“, so Torsten Schlosser, Mitarbeiter des Atelier Theaters und selbst Comedian, der die Künstler für das Sommerprogramm auswählt. Das Format ist ungewöhnlich, nicht nur für Köln, sondern deutschlandweit. „Das macht es gerade für Neulinge interessant, die sich schon eine gewisse Menge an Material erarbeitet haben und sehen wollen, ob sie das Publikum auch über eine längere Zeit bei der Stange halten können“, so Schlosser. „Aber auch alte Hasen nutzen die Möglichkeit gerne, etwa um neue Sachen auszuprobieren.“
So finden sich in der diesjährigen Sommerriege auch ein paar Wiederholungstäter, die in früheren Jahren schon einmal dabei waren, wie das Duo Fußpflege Deluxe (15.-18.7.): Unter diesem Namen beschäftigen sich Carolin Seeger und Christoph etwa mit dem Thema Schönheit, möglichst in ihrer wahren Ausprägung, und loten die rhythmischen Qualitäten des Wortes „Homosexualität“ aus. Auch Schnellsprecherin Alexandra Schiller (5.-8.8.) war bereits bei „Gratis & nicht umsonst“ zu Gast, von der Kollege Schlosser sagt, dass sie „in 40 Minuten ein Programm abspult, für das ich 80 Minuten bräuchte.“ Es wird also viel für kein Geld geboten, wenn sie von ihren Erfahrungen mit der Hotelfranchise-Kette „Mama“ berichtet, oder sich an Wortspielen wie „Multifunktionsstecker-Entdecker-Eckhart“ gekonnt die Zunge bricht. Musikalisch wird es bei Nisse Barfuss (3.-6.6.) und Nicholas Evertsbusch (1.-4.7.): Während ersterer seine Geschichten mit der Gitarre untermalt und peinliche Momente gerne so lange ausdehnt, bis sie nicht mehr peinlich sind, hat Evertsbusch in diesem Jahr eine Reihe von Erich-Kästner-Gedichten im Gepäck, die er aus Anlass dessen 120. Geburtstages am Klavier vertont hat.
Für die Newcomer-Fraktion ist in diesem Jahr Marlene Krursel (8.-11.7.) dabei, die gerade ihre ersten Schritte als Stand-Up-Comedienne wagt und dabei eine gute Figur macht, wenn sie etwa ihren Hygiene-Fimmel thematisiert. Als Versicherungsmathematiker geht Philipp Fröhlich (29.7.-1.8.) einem denkbar humorfernen Broterwerb nach – ein Defizit, das er mit seiner Ukulele und gewitzten Liedern über sein Dating-Leben auszugleichen versteht. Lara Autsch (19.-22.8.) hingegen müsste im Grunde nicht viel mehr tun, als auf der Bühne ihr eigenes volltönendes, dreckiges Lachen erschallen zu lassen, so hoch ist dessen Ansteckungsgefahr. Zufrieden gibt sie sich damit natürlich nicht.
Vor allem die unmittelbare Nähe zum Publikum ist es, die die Auftritte im Wirtzhaus zu einem so dankbaren Experimentierfeld machen, meint Carolin Seeger. „So bekommt man jede Reaktion hautnah mit und man merkt auch, wie unterschiedlich das Publikum von einem Abend zum nächsten sein kann. Das sind sehr wertvolle Erfahrungen.“
Gratis & nicht umsonst – Sommer Special | 3.6. - 22.8., Mo-Do 21 Uhr | Atelier Theater: Wirtzhaus | Eintritt frei
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