Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
23 24 25 26 27 28 29
30 31 1 2 3 4 5

12.582 Beiträge zu
3.812 Filmen im Forum

Die Künstlerin und Performerin Xenia Ende bricht Geschlechternormen auf
Foto: Rosh Zeeba

Spielerisch sich selbst erkunden

27. September 2022

Das Transformationscafé in Duisburg und Düsseldorf – Teil 2: Lokale Initiativen

Herzstück des Transformationscafés ist das Material, das griffbereit herumliegt: Make-Up und Produkte zum Bärte kleben, Kleidungsstücke, Binder oder Perücken. „Die Grundfrage des Konzepts war, wie zu einem unkomplizierten Spielen mit Geschlecht eingeladen und einen offener Raum dafür geschaffen werden kann“, erklärt die Performerin und Künstlerin Xenia die Idee von Jacqueline Grundner, der Gründerin des Vereins 1001Plateau, zu dessen Projekten das Transformationscafé zählt. Das Café öffnet einmal im Monat abwechselnd im Duisburger Lokal Harmonie und im Düsseldorfer Café Franzmann. Zielgruppe sind Jugendliche, trotzdem dürfen Menschen allen Alters dazukommen: „Es kann sehr unterschiedlich sein, in welchem Alter Fragen zum eigenen Geschlecht auftreten. Wir machen Jugendarbeit, aber es geht auch um Erfahrungsaustausch, von dem alle profitieren können“, begründet Xenia diese Entscheidung. Man muss sich nicht sicher sein, es gibt keine „Kontrolle“, ob man dazugehört – jede*r, die*der neugierig ist, ist eingeladen.

Nicht nur Jugendliche

„Für manche Menschen kann es sehr wirksam sein, Geschlecht von außen nach innen zu erfahren“, beantwortet Xenia die Frage, wozu all das Material gebraucht wird. Eine innere Auseinandersetzung mit Geschlecht könne sehr philosophisch werden, bei einem so großen Thema bestehe die Gefahr, sich gedanklich zu verzetteln – eine praktische Erfahrung könne aber sein, über die Selbstwahrnehmung einen neuen Bezug zu sich und zur eigenen Geschlechtlichkeit herzustellen. Dafür bietet das Café eine Anlaufstelle: „Manchmal ist es sinnvoll, auch erst einmal über Codes auszuprobieren: ‚Wie fühle ich mich darin?‘“ Sie berichtet auch von ihren eigenen Erfahrungen, wenn sie sagt, dass ein solches Ausprobieren von verschiedenen Looks eigene Ängste in Bezug auf Geschlechternormen und Vorurteile abbauen kann. „Einen Raum zu finden, in dem Kongruenz zwischen Outfit und innerer Geschlechtswahrnehmung hergestellt werden kann, ist eine wichtige Erfahrung, bei der Hemmungen überwunden werden können.“

Außen und Innen

Neben „trans*“ sind auch die Worte „Drag“ und „Crossdressing“ wichtig für das Konzept des Cafés. Xenia unternimmt einen Versuch, die Begriffe voneinander abzugrenzen. Trans* kann eine innere Verschiebung in Bezug auf die eigene Geschlechtswahrnehmung bedeuten, hier kann das Spielen mit Äußerlichkeiten vor allem innere Prozesse unterstützen. Das könne ein sehr persönlicher und sensibler Prozess sein. Crossdressing und Drag beziehe sich deutlicher auf die äußerliche Ebene, habe aber mit Karnevals trotzdem nichts zu tun: Xenia berichtet davon, wie sich Männer zu Karneval ein Kleid anziehen, sich dann aber besonders ‚männlich‘ geben, um klarzustellen, dass es nur eine Verkleidung ist – um ihre eigene Verunsicherung zu überspielen? Das sei eigentlich schade, meint Xenia, denn dadurch berauben sie sich der Erfahrung, sich spielerisch mit sich selbst und den eigenen Vorstellungen von Geschlecht auseinanderzusetzen. Fest steht: Diese Erfahrungen können sehr unterschiedlich sein, genauso wie das Spielen mit Geschlechternormen ganz verschiedene Gedanken auslösen kann. Für dieses Spiel bietet das Transformationscafé den Raum, nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt, dass Geschlechternormen aufzubrechen auch heilsam sein kann.


FREMDE BRÄUCHE - Aktiv im Thema

bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lebendige-traditionen-bewahren-425694 | Informationen der Bundesregierung zum Schutz des immateriellen Kulturerbes in Deutschland.
unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-deutschland/traditionen | Essay des Ethnologen Wolfgang Kaschuba über Bewahren und Wandel von Brauchtum.
religionen-entdecken.de/lexikon/f/feste-in-den-religionen | Kompakte Informationen zu religiösen Festen, vor allem für Kinder von 8 bis 13 Jahren.

Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de

Miriam Brost

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Rätselhafte Privilegien
Intro – Fremde Bräuche

Kommerz Alaaf!
Rebellische Anfänge, affirmative Gegenwart im Karneval – Teil 1: Leitartikel

„Fest und Protest sind sich sehr nah“
Kulturanthropologin Regina Bendix über die Bedeutung öffentlichen Feierns – Teil 1: Interview

Im Bann der Vielfalt
Kölns Mülheimer Kulturbunker – Teil 1: Lokale Initiativen

Typisch Welt
Warum Kultur niemandem gehört – Teil 2: Leitartikel

„Mode ist unser mobiler Schutzraum“
Designerin Bisrat Negassi über Mode als Kultur und Geschäft – Teil 2: Interview

1 Drama in x Akten
Mit Ideen die Welt retten? – Teil 3: Leitartikel

„Bei uns leben Kinder in einer Scheinwelt“
Entwicklungspsychologin Heidi Keller über Erziehung – Teil 3: Interview

Vor Ort für weltweite Menschenrechte
Amnesty International in Wuppertal – Teil 3: Lokale Initiativen

Indigenes Recht vs. erneuerbare Energien
Der Kampf der norwegischen Samen gegen Energieparks – Europa-Vorbild: Norwegen

Die weise Frau mit den Gurken
Praktische Lektionen in Sachen Kultur – Glosse

Lokale Initiativen

HINWEIS