Es ist doch einfach zum verzweifeln, wie arglos die Kinder sind – und wie ängstlich die Mütter. Kinder, die nachts aus dem Haus schleichen, um zu spielen. Bei dem Gedanken kann einem schon mulmig werden. Andererseits, erfasst einen nicht ein Gefühl der Beklemmung, wenn man sieht, wie die Mütter auch noch den letzten Winkel kindlicher Freiheit zu kontrollieren versuchen? Svetlana Fourer spielt in ihrer neuen Inszenierung „Ein Freund zum Frühstück“ mit den Gefühlen von Furcht und Freiheit.
Da entwischt Miki, das Kaninchenkind, nachts aus der Höhle und landet ausgerechnet vor dem Fuchsbau. Auch dort ist gerade ein Kind allein, und nachdem sich Miki einmal so richtig umgeschaut hat, stellt sie fast, dass es bei den Fuchsens auch nicht viel anders aussieht als zuhause. So kommen sich die beiden Tierkinder näher. Ein tolles Bühnenbild stellten Miriam Rieger, David Schmidt und Giuseppe Gualano im Freien Werkstatt Theater auf die Beine. Zwei Welten, die im Handumdrehen wechseln, dazu Sonne, Mond und mit ein paar Klängen auch die Sterne am Himmelszelt. Das Unerwartete zu denken und es dann auch zu tun, obliegt dem Kaninchenkind. So macht man Erfahrungen, und die werden mit Schalk und Ironie auf den Punkt gebracht. Neben Eva Kristina Korte, die mit tänzelnder Geschmeidigkeit die Füchse spielt, schenkt Anna Hilgerdieck den Aktionen des Stücks genau jene Spur trockener Komik, die der Inszenierung die richtige Würze verleiht.
Wieder eine starke Produktion von Svetlana Fourer, die im letzten Jahr Isaac Bashevis Singers „Geschichtenerzähler“ für das Kindertheater nutzte, diesmal arbeitet sie nach Motiven von Claude Boujon. Es ist ein Genuss, zu sehen, wie sie ihre eigene Handschrift entfaltet, und dabei Theater pur bietet, mit Verkleidung, klugem Text, flüssigen Szenenfolgen und einer scharfen Wahrnehmung für die psychologische Innenseite des Menschen, die sie mit charmanter Selbstverständlichkeit sichtbar nach außen stülpt.
„Ein Freund zum Frühstück“ | R: Svetlana Fourer | Freies Werkstatt Theater, Zugweg 10 | nächste Vorstellungen: 8., 15., 22., 29.1. 16 Uhr, weitere Vorstellungen Februar und März | Infos: 0221 32 78 17
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