Maske? Welche Maske? – Der kaum abgedroschene Sketch schwirrt irgendwie über dem Kunstmuseum Bonn, das in diesem Sommer viel Kunst über Verwandlungen der Identität generiert. Angefangen in frühen Stammesriten zum Schutz oder bei der Initiation wurde daraus ein Utensil, das zwischen Theaterbühnen und Militärkasernen schwingen kann, ohne seine eigentliche Aufgabe zu verraten: den Träger in ein anderes Wesen zu verwandeln. Wie verstörend das sein kann zeigt das 14 Minuten-Video der amerikanischen Künstlerin Alli Coates, die in „American Reflexxx“ (2013) die Performancekünstlerin Signe Pierce zeigt, die von einer verspiegelten Maske verhüllt sprachlos über eine Vergnügungsmeile tänzelt und Reaktionen provoziert, die am Ende sogar handgreiflich werden, weil die Unsicherheit über Gesicht und Geschlecht den Passanten unerträglich werden.
Masken als dramatisches Element bevölkern alle Räume, denn die Unmöglichkeit Identitäten zu klären, erzeugen in jedem Fall Unbehagen bis hin zu Angst – denken wir an die muslimischenNiqab-Verschleierungen oder auchMichael Myers. Afrikanische Masken waren insbesondere während der Hochzeit von Dada ein beliebtes Sammlungsobjekt, damals verstörten selbst das Material und die Andersartigkeit der Darstellung.Kader Attias zeitgenössische Skulptur „Peau Noire Masque Blanc“ (2013), eine Holzmaske mit Stahlständer und Spiegeln, entspricht der Deutung, hebt aber zusätzlich die Aspekte von Reparatur und Fragmentierung archäologischer Artefakte in die Betrachtung, deren fehlende Teile früher perfekt imitiert wurden, weil man so dem Unbehagen des nicht Perfekten entgegenwirken wollte.
Auf über 850 Quadratmeter zeigt die Ausstellung hochkarätige Leihgaben und extra produzierte Werke und natürlich sind auch die Klassiker von Picasso, Max Ernst bis Cindy Sherman zu sehen. Wer allerdings die Räumlichkeiten verlassen will, muss durch ein düsteres Spalier maskierter Polizisten (2015) von Julius von Bismarck. Die acht Beamten, die gerade von einer Demo-Zerschlagung kommen könnten, bewegen sich unmerklich und hat man das erst einmal bemerkt, wird es schon etwas subtil.
Maske. Kunst der Verwandlung | bis 25.8. | Kunstmuseum Bonn | 0228 77 62 60
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