Für diese Ausstellung gibt es viele Gründe und Hintergründe. Das Graphische Kabinett des Wallraf-Richartz-Museums zeigt einen Einblick in seine Sammlung, die 75.000 Blätter seit dem Mittelalter umfasst – hier komprimiert auf einige Dutzend Arbeiten auf Papier, die in den letzten drei Jahren als Erwerbungen oder Schenkungen hinzu gekommen sind.
Manchmal sind die einfachen Bilder die komplexesten. Die Fotografien, welche die Photographische Sammlung im Mediapark in ihrer Ausstellung „New Topographics“ zeigt, gehören dazu. Aufgenommen in den 1970er Jahren in den USA und fast durchweg in schwarz/weiß, sind sie ausgesprochen neutral, eher unspektakulär im Ausschnitt und in der überschauenden Perspektive.
Kunstgenuss als Wirtschaftsfaktor. Der Künstler als Gesellschaftsform. Die Installation als Selbstdarstellung dieser drei Bedeutungskategorien. Augenscheinlich spielt es auch keine Rolle mehr, ob man als Passant am Kölnischen Kunstverein vorbeihastet, oder die Räumlichkeiten mit ausreichend Zeitpolster betritt.
Was kennzeichnet die junge, aber schon etablierte Künstlergeneration, für die in den 1980er Jahren die grundlegende Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Systeme hin zur Globalisierung prägend war? Werden von ihr nicht die vorherigen Strategien der Ironisierung und der subversiven Vereinnahmung der Gesellschaft durch eine substanzielle, darin ernsthafte Hinwendung zum „Eigentlichen“ mit dem großen Entwurf der Existenz ersetzt?
Wem die blutrote Vitrine nebst Knochensäge, Schlachtengemälde oder andere Schrecken der „Napoleon und Europa“-Schau in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland zu viel geworden ist, der stellt plötzlich fest, dass ein Besuch der Toilettenanlagen des
Museums vielleicht erst einmal für etwas Entspannung sorgen könnte.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass der sehr persönliche Pointilismus aus Australien die europäischen Kunstmärkte erreicht hat. Die ersten Arbeiten der Aborigines erzeugten erst einmal Staunen, schnell aber auch einen Haufen Fragen. Das Museum Ludwig zeigt jetzt exemplarisch neun der Überseekünstler, die Arbeiten stammen alle aus der Zeit nach 1960 (vergleichende Ausstellungskritik siehe „Kunst in Köln“, S.54). Auch wenn man Stil und Material der Werke inzwischen gewöhnt ist, so richtig antworten können die Bilder auf unsere Fragen nicht, denn die Gedankenwelt, in der sie entstanden sind, ist so fremd, so anders, so ungeheuer künstlerisch.
Ist es lediglich Zufall, dass diese Ausstellungen zeitgleich stattfinden, oder symptomatisch für den Kulturbetrieb? Also die Folge davon, dass in allen Bereichen des öffentlichen Lebens der US- und Eurozentrismus zunehmend infrage gestellt wird und heutige Beiträge ferner Kulturen in ihrem (ästhetischen, inhaltlichen) Reichtum jenseits einer vordergründigen Exotik entdeckt werden? Und zur Globalisierung gehört, dass wir aus dem Fremden lernen können und einen neuen Blick auf unsere Umgebung werfen. Jedenfalls, das Museum Ludwig, das Rautenstrauch-Joest-Museum und das Museum für Ostasiatische Kunst zeigen in ihren aktuellen Sonderausstellungen unabhängig voneinander außereuropäische Kunst im Spannungsfeld von Tradition und Moderne, Überlieferung und Neuerung.
Ein Wasserfall aus Dosen. Flimmern aus allen Ecken. Hochglanzfotos auf Alu-Dibond. Die Künstler in den Metropolen Afrikas scheinen strategisch in der Kunstwelt der Ist-Zeit angekommen. Aber in der Ausstellung „Afropolis“ pulsiert ein Leben, das nur auf den ersten Blick und maximal marginal mit den Megacities der Industriewelt mithalten kann und will. Kairo, Lagos, Nairobi, Kinshasa und Johannesburg sind so anders, so archaisch, so mitreißend. Die erste Sonderschau im Neubau des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums präsentiert aktuelle Arbeiten von aus Europa und Afrika stammenden Künstlerinnen und Künstlern unterschiedlicher Genres, zwischen künstlerischen Recherchen, dokumentarischem Material und künstlerischer Reflexion. Es werden Arbeiten aus den Bereichen Grafik, Malerei, Fotografie, Skulptur, Installation, Film- und Videokunst, aber auch Design, Comics und Weblogs gezeigt. Eine kritische Auseinandersetzung zwischen Multimedia und Kolonialismus, großartig inszeniert, bildet nur eine Etage unter den musealen Sammlungen von afrikanischen Holzspeeren und Ritualmasken.
24 Lote aus Drahtgeflecht an roten Hanfseilen sind das zentrale Dreh- und Anstoßelement im weißen Raum. Wenn man sie leicht anstößt, gerät der Kreis, in dem sie aufgehängt sind, aus der Geometrie, dann bringen die Objekte die Verhältnisse ins Wanken (Liz Mields-Kratochwill, 2008).
Ganz aktuell ist die Eröffnung des Kulturquartiers am Neumarkt. Dort wo sich früher die Haubrich-Kunsthalle mit dem Kölnischen Kunstverein befand und sehr lange nur ein riesiges Loch zu bestaunen war, ist nun das Rautenstrauch-Joest-Museum hingezogen, gemeinsam mit dem Museum Schnütgen unter einem Dach; dessen sanierter Anbau leitet zur romanischen Kirche St. Cäcilien mit dem Cäciliengarten. Mit St. Peter und seinen Ausstellungen auf der einen Seite und auf der anderen mit dem Forum der Volkshochschule findet hier – hoffentlich – ein Dialog der verschiedenen Kulturen der Welt bis in die Gegenwart und noch mit den Zeugnissen des Mittelalters statt. Mal sehen, ob sich das Warten gelohnt hat.

Gegen den Strom
„Make the secrets productive!“ im Kolumba – kunst & gut 11/25
Grau-Weißer Farbenrausch
Steffen Lenk in der Galerie Anke Schmidt – Galerie 10/25
Kunstwerk Demokratie
„We … Together“ im NS Dokumentationszentrum – Kunst 10/25
Das Konzept der Fotografie
Bernd und Hilla Becher in der Photographischen Sammlung – kunst & gut 10/25
Morpheus Erbarmen
Sebastian Fritzsch in der Temporary Gallery – Kunst 09/25
Licht sehen
Johanna von Monkiewitsch in der Kunst-Station Sankt Peter – kunst & gut 09/25
Falterflirren unter der Haut
Sarah Caillard in der Galerie R;68 – Kunst 08/25
Bewegung und Stille der Linie
Tanaka Ryōhei und Jianfeng Pan im Museum für Ostasiatische Kunst – kunst & gut 08/25
Letzte Ernte in Eden
Drei Kölner Ausstellungen über Natur und Kunst – Galerie 08/25
Rendezvous mit der Schöpfung
Das Projekt „WERKnah“ von der Künstlergemeinschaft Grevy – Kunst 07/25
Vom seltsamen Reiz der Oberflächen
Eric Lanz im Museum Morsbroich in Leverkusen – kunst & gut 07/25
Träume im Haferfeld
Drei Kölner Ausstellungen über Sagen und Fantasien – Galerie 07/25
Geschosse umarmen
Drei Ausstellungen in Köln erweitern das Bewusstsein – Galerie 06/25
Auf der Straße
Drei Vertreter der Street Photography im Museum Ludwig – kunst & gut 06/25
Für die Unendlichkeit
Drei Kölner Ausstellungen zwischen Zwang und Befreiung – Kunst 05/25
Mit und ohne Menschen
Tata Ronkholz in der Photographischen Sammlung im Mediapark – kunst & gut 05/25
Harter Stoff
Peter Buggenhout in Wuppertal – Kunst 04/25
Abgründe des Alltags
„Supermöbel“ im Kölnischen Kunstverein – kunst & gut 04/25
Unverbindliche Dialoge
Drei Kölner Ausstellungen über Körper und Seele – Galerie 04/25
Mehl-Dialoge
„Aurora“ von Fotografin Anja Schlamann im Kunsthaus Rhenania – Kunst 04/25
Comic-Welt hautnah
„Marvel: Die Ausstellung“ im Odysseum – Kunst 03/25
Offenlegung der Tatsachen
„Artist at Work“ im Kolumba – kunst & gut 03/25
Im Kielwasser der Quietscheente
„Titanic – Eine immersive Reise“ in Köln – Kunst 03/25
Sand, Eis, Kreide, Raum
Drei von Distanz geprägte Ausstellungen in Köln – Galerie 03/25
Wege in die Wirklichkeit
„3R“ im KunstWerk Köln e.V. – Kunst 02/25