choices: Herr Klipper, wie hoch ist das strukturelle Defizit der Stadt?
Karl-Jürgen Klipper: Nach meiner Auffassung liegt es bei ca. 250 bis 280 Mio. € per annum, bezogen auf die Jahre 2012 bis 2015. Es wird sich von 2016 bis 2020 ohne Gegenmaßnahmen weiter vergrößern, weil ab 2016 zusätzliche Kosten auf die Stadt zukommen etwa durch die Sanierung des Opernkomplexes, die Inbetriebnahme der Stadtbahn, die Errichtung des Historischen Archivs, die Inbetriebnahme der Flora ab 2013 oder die Fertigstellung des Jüdischen Museums. Zudem sieht das Land keine weitere Erhöhung der Finanzleistungen für die Kommunen vor, sondern nur eine Stabilisierung der Einnahmesituation aufgrund der Schuldensperre, die vom Land NRW spätestens 2020 eingehalten werden muss.
Und höhere Steuern?
Die Gewerbesteuer kann nicht mehr beliebig erhöht werden. Das gleiche gilt für die Grundsteuer. In vielen Fällen kann die zudem auf die Mieter überwälzt werden, was bei der verfehlten Wohnungsbaupolitik der Stadt zu einer weiteren Erhöhung der Mietpreise führen würde.
Die wichtigsten Ursachen für das Defizit?
Ohne strukturelle Überprüfung sämtlicher Ausgaben ist dieses Defizit nicht zu beseitigen. Seit mehreren Jahren hat die rot-grüne Mehrheit im Rat einschließlich des Oberbürgermeisters versäumt, hier Ziele zu formulieren und daran ausgerichtet die städtischen Aufgaben zu überprüfen – etwa bei den Standards in der Sozialhilfe, bei den Bürgerhäusern oder dem Kölnpass. Auch eine Optimierung des Verwaltungsablaufs wäre sinnvoll.
Wo sollte im städtischen Haushalt gekürzt werden?
Zunächst bedarf es einer Überprüfung sämtlicher Zielsetzungen der letzten 2 bis 3 Jahre. Darunter fällt insbesondere die zusätzliche Freistellung von Elternbeiträgen im Kindergarten, der Verzicht auf die Einrichtung einer Akademie der Künste der Welt, der Verzicht auf das kommunale Wohnungsbauförderprogramm, die Reduzierung der Transferaufwendungen für Bürgerhäuser und Bürgerzentren, eine Neustrukturierung und Rationalisierung im Bereich der Museen, die Überführung der Zusatzversorgungskasse auf die RZVK, eine bessere Strukturierung der Flächenpolitik innerhalb der Stadt.
Zu welchen strukturellen Reformen raten Sie?
Unter der Voraussetzung, dass die Stadt Köln nicht zusätzlich vom Land und vom Bund unterstützt wird, muss jede bestehende freiwillige Leistung überprüft werden. Das betrifft den Erziehungs- und mit Einschränkungen den Bildungsbereich, das gilt im kulturellen und im freiwilligen sozialen Bereich. Neben dieser Aufgabenkritik bedarf es auch der Überprüfung der Standards bei den Pflichtaufgaben, d.h. ob mit weniger Mitteln die gleiche Zielsetzung erreicht werden kann. Generell ist zu überprüfen, ob eine Reduzierung der neun Stadtbezirke auf z. B. fünf einschließlich einer Verwaltungsstrukturrefom nicht zu erheblichen Einsparungen bei der Verwaltung führen kann – unter Berücksichtigung der modernen Kommunikationsmittel. Übergeordnete Aufgaben müssen dabei sobald wie möglich zentralisiert werden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Bund und Land stellen keine ausreichenden Ausgleichsmittel zur Verfügung“
Martin Börschel (SPD) - Thema 07/12 Stadtkasse
„Alle Bereiche müssen sparen“
Thor Zimmermann von der Wählergruppe DEINE FREUNDE - Thema 07/12 Stadtkasse
„Bund und Land übertragen den Städten seit Jahren immer mehr Aufgaben“
Jörg Frank (Bündnis 90/Die Grünen) - Thema 07/12 Stadtkasse
Norbert Bude (Städtetag NRW)
Auszug aus dem Gemeindefinanzbericht 2012 des Städtetages NRW - Thema 07/12 Stadtkasse
„Köln hat ein massives Ausgabenproblem“
Ulrich Breite (FDP) - Thema 07/12 Stadtkasse
„Möglichkeiten für Kürzungen wurden mehr als ausgereizt“
Jörg Detjen (Die Linke) - Thema 07/12 Stadtkasse
„Schulden werden sich 10 Jahren verdoppeln“
Klaus Hoffmann (Freie Wähler Köln) - Thema 07/12 Stadtkasse
Deine Stadt muss „sparen“
Von vielem zu viel, von manchem zu wenig - THEMA 07/12 STADTKASSE
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 2: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 1: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 2: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 3: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
„Tiefseebergbau ohne Regularien wäre ganz schlimm“
Teil 1: Interview – Meeresforscher Pedro Martinez Arbizu über ökologische Risiken des Tiefseebergbaus
„Wir müssen mit Fakten arbeiten“
Teil 2: Interview – Meeresbiologin Julia Schnetzer über Klimawandel und Wissensvermittlung
„Entweder flüchten oder sich anpassen“
Teil 3: Interview – Klimaphysiker Thomas Frölicher über ozeanisches Leben im Klimawandel
„Es liegt nicht am Gesetz, Kriminalität zu verhindern“
Teil 1: Interview – Kriminologe Dirk Baier über Gewaltkriminalität und Statistik
„Prüfen, ob das dem Menschen guttut“
Teil 2: Interview – Publizist Tanjev Schultz über ethische Aspekte der Berichterstattung über Kriminalfälle
„Eltern haben das Gefühl, sie müssten Buddhas werden“
Teil 3: Interview – Familienberaterin Nina Trepp über das Vermeiden von psychischer Gewalt in der Erziehung
„Ernährungsweisen verändern, ohne Zwang“
Teil 1: Interview – Tierethikerin Friederike Schmitz über vegane Ernährung
„Naturschutz wirkt“
Teil 2: Interview – Biologin Katrin Böhning-Gaese über Biodiversität, Wildtiere und Naturschutz
„Sie verstehen uns“
Teil 3: Interview – Tierhistorikerin Mieke Roscher über die Beziehung zwischen Menschen und Tieren
„Was nicht erlaubt ist: Druck ausüben“
Teil 1: Interview – Autor Sebastian Schoepp über Freundschaften
„Bin ich eifersüchtig oder eher neidisch?“
Teil 2: Interview – Paarberaterin Sonja Jüngling über sexuelle Kontakte außerhalb einer Paarbeziehung