Sicher haben Sie es auch schon bemerkt: Die Oscars orientieren sich immer mehr an choices. Erstaunlich, aber nachvollziehbar! Unsere zurückliegenden Filme des Monats „Anatomie eines Falls“, „Poor Things“ und „Past Lives“ stehen bei den Oscar-Nominierungen jedenfalls hoch im Kurs. Aber im Ernst: Mit Wim Wenders „Perfect Days“, dem japanischen (!) Kandidaten für den besten internationalen Film, Sandra Hüller als bester Nebendarstellerin in „Anatomie eines Falls“ (auch zu sehen in „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer)und İlker Çataks „Das Lehrerzimmer“ sind überraschend viele deutsche Filmemacher:innen in der Endausscheidung. Mit Johannes Duncker, dem Co-Autor von „Das Lehrerzimmer“, ist sogar ein Kölner Drehbuchautor mit dabei. Aber die Oscars sind nach Kritik in den letzten Jahren nicht nur diversergeworden, sondern zeigen ganz allgemein mehr Affinität zum internationalen Arthouse-Kino. Am 10. März werden die begehrten Trophäen in Los Angeles verliehen.
Die Affinität zum künstlerischen Film ist bei der in den letzten Jahren etwas unrund laufenden Berlinale, die gerade zu Ende ging (die Gewinner der „Bären“ standen vor Redaktionsschluss noch nicht fest) eigentlich Standard. Nach der mehr oder weniger unfreiwilligen Ende der Ära Dieter Kosslick, in der die Berlinale als weltweit größtes Publikumsfestival mit Glamour-Effekt weiter ausgebaut wurde, ohne den Anspruch zu verlieren, Filmkunst zu fördern, hatte Nachfolger Carlo Chatrian einen nicht ganz leichten Stand. Und das lag nicht nur an der Pandemie, die er zu bewältigen hatte. Als seine Co-Intendantin Mariette Rissenbeek altersbedingt ausschied, nutzte das Bundeskulturministerium die Gelegenheit für strukturelle Veränderungen, durch die Chatrian für sich in Berlin keine Zukunft mehr sah. Seine Nachfolgerin, die Amerikanerin Tricia Tuttle, hatte zuvor das London Film Festival geleitet. Sie steht für die Berlinale 2025 schon in den Startlöchern, tritt aber ein schweres Erbe an. Das Programm wurde in den letzten Jahren kleingespart, das ehemalige Zentrum des Festivals am Potsdamer Platz durch den Wegfall von Kinos beschädigt. Aber bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt konnte Tuttle mit ihrem Engagement für Diversität sowieFreude am breiten Publikum wie auch am Experiment punkten. „Die Berlinale ist ein Vorreiter unter den A-Filmfestivals – einladend und inklusiv und randvoll mit einer atemberaubenden Vielfalt an Filmen“, sagte sie nach ihrer Benennung anerkennend über die 1951 ins Leben gerufenen Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Im Februar waren noch einmal Chatrian und seine Co-Intendantin Mariette Rissenbeek am Zug – und ehrten nicht nur Martin Scorsese für sein Lebenswerk, sondern zeigten auch viele Filme, die uns in diesem Jahr im regulären Kinoprogramm und damit ebenfalls auf den Seiten der choices-Filmredaktion wieder begegnen werden. Alle Zeichen deuten auf ein gutes Kinojahr hin, das ja mit unseren letzten beiden Filmen des Monats, „Poor things“ und „All of us Strangers“, sowie mit dem aktuellen „Die Unschuld“ bereits Einiges zu bieten hatte. So darf es gerne weitergehen!
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