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Mein Leben ohne mich

Mein Leben ohne mich
CDN/E 2003, Laufzeit: 100 Min., FSK 6
Regie: Isabel Coixet
Darsteller: Sarah Polley, Scott Speedman, Deborah Harry, Mark Ruffalo, Leonor Watling, Amanda Plummer, Julian Richings, Maria de Medeiros, Jessica Amlee, Kanya Jo Kennedy, Alfred Molina, Sonja Bennett, Tyron Leitso

Als die 23 jährige Ann erfährt, dass sie nur noch 2 Monate zu leben hat, ist sie fassungslos! Ihr Leben läuft zwar nicht so toll, doch das ist wirklich ein Schlag. Nach kurzem Entsetzen findet sie aber zu einem sehr pragmatischen Umgang mit der neuen Situation: sie will sich noch einige Wünsche erfüllen und dann für die Hinterbliebenen sorgen. Herzergreifendes Plädoyer für einen offensiven Umgang mit dem Tod Es ist müßig, hier auf die Tabustellung des Todes in der konsumorientierten westlichen Welt hinzuweisen. Zu offensichtlich ist es, dass sich daran in den letzten Jahrzehnten auch trotz einiger Versuche der Bewusstmachung (zuletzt wohl in dem Dokumentarfilm "Elisabeth Kübler-Ross ? Dem Tod ins Gesicht sehen) nicht viel geändert hat. Zu sehr stehen Materialismus und Ablenkung im 'Freizeitpark Leben' auf der Tagesordnung. Daran wird auch ein Spielfilm über einen umwerfend offenen wie auch pragmatischen Umgang mit dem Tod nichts ändern. Aber er lässt einen all das überdenken! Die 23jährige Ann lebt sicher nicht das Leben, dass sie sich als Teenager erträumt hat: mit 17 lernte sie Don, ihren jetzigen Mann und Vater der beiden gemeinsamen Kinder kennen. Zu viert leben sie in einem Wohnwagen im Garten von Anns verhärmter Mutter (Deborah Harry, die zur Zeit auch in "Spun" in einer Nebenrolle glänzt) ? der Vater sitzt seit Jahren im Knast. Ann muss Nachts in der Universität putzen gehen - Don ist schon längere Zeit arbeitslos. Sie scheint sich aber trotz allem mit den Umständen zu arrangieren und dabei sogar halbwegs zufrieden zu sein: sie liebt ihren Mann und die Kinder. Dann scheint Don endlich einen neuen Job gefunden zu haben, und bessere Zeiten sind zum greifen nah... Doch hier, zum ungünstigsten Zeitpunkt ? es ist eigentlich fast immer der ungünstigste Zeitpunkt ? meldet sich der Tod! Ann hat einen Ohnmachtsanfall und fährt mit der Befürchtung, abermals schwanger zu sein, ins Krankenhaus. Doch sie hat Krebs! Ohne jemandem von dem Schicksalsschlag zu erzählen, beginnt sie, einerseits ihre verbleibende Zeit mit Dingen Aufzufüllen, die sie immer schon tun wollte, andererseits fängt sie an, für die Familie alles für die Zeit nach ihrem Tod zu arrangieren. Die richtige Mischung aus dem Egoismus und Altruismus der Protagonistin macht aus dem Film ein modernes, unprätentiöses und glaubwürdiges Heldinnenepos. Und die Regisseurin Isabel Coixet findet hierfür die passenden Bilder. Passend meint, dass sie die Geschichte nicht ästhetisch verklärt oder überhöht, sondern dass sie bei einer lebensnahen Abbildung des Alltags bleibt. Dass sie kein tosendes Drama aus dem Stoff macht, sondern eine Geschichte einer Frau und Mutter (und das ist wohl kein Zufall, denn man kann sich die Rolle einfach nicht männlich, also beispielsweise für den Ehemann Don, vorstellen), die es schafft, gleichzeitig an alle anderen zu Denken, ohne sich selber dabei zu vernachlässigen. Man denkt bei Ann unweigerlich an die Märtyrerinnen aus den Filmen von Lars von Trier: aus "Breaking the Waves" und "Idioten", natürlich aus "Dancer in the Dark" und wohl auch aus "Dogville". Wenn bei von Trier allerdings regelmäßig leichte Zweifel an den Figuren aufkommen können, weil diese regelmäßig mit viel Irrationalität (eine doch fragwürdige Zuweisung zu 'Frau') in ihr verderben stürzen, beeindruckt Ann durch ihr ausbalanciertes, tatkräftiges und autarkes Handeln. Dass sie dabei mit Engelsgesicht und nur wenigen Tränen das allerschlimmste (dank ihres Handelns aber auch das allerschönste) durchlebt, mag mancher dann doch etwas überhöht finden. Doch so sind Heldinnen nun mal ? selbst die modernen!

(Christian Meyer)

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