
Maria Stuart, Königin von Schottland
USA, Großbritannien 2018, Laufzeit: 125 Min., FSK 12
Regie: Josie Rourke
Darsteller: Saoirse Ronan, Margot Robbie, Gemma Chan
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Historisches Drama
Wie grausam wir nur sind
„Maria Stuart, Königin von Schottland“ vonJosie Rourke
Heute liegen sie beide im Westminster Abbey, nur neun Meter voneinander entfernt. Zu Lebzeiten hielten sich Maria Stuart, Königin von Schottland, und Königin Elisabeth I. auf Distanz, offiziell hat es kein Aufeinandertreffen der beiden Herrscherinnen gegeben. Beide beanspruchten sie den englischen Thron, den Elisabeth bis zu ihrem Lebensende innehielt. Die englischen Geschichtsschreiber hatten sich anno dazumal bemüht, Maria Stuart nach ihrer Hinrichtung 1587 historisch herabzuwürdigen, indem sie sie als schwache Herrscherin mit Vorliebe für sexuelle Eskapaden zeichneten. Das Buch „Queen of Scots: The True Life of Mary Stuart” von John Guy aus dem Jahr 2005 räumte damit auf, der britische Historiker ordnete die Figur neu ein. Maria Stuart mag Fehlentscheidungen getroffen haben, aber sie war als Politikerin keineswegs unvermögend. Und die Obsessionen der Maria Stuart waren tatsächlich weniger sexueller Natur als vielmehr machtpolitischer: in ihrem Verhältnis zu Elisabeth. Das Buch nun bildet die Grundlage für dieses historische Drama.
1558 besteigt Elisabeth I. (Margot Robbie, „I, Tonya“) den Thron und herrscht über das englische Königreich. Drei Jahre später kehrt ihre Cousine, die achtzehnjährige Maria Stuart (Saoirse Ronan, „Lady Bird“), aus Frankreich in ihre Heimat Schottland zurück. Schon als Baby war sie zur Thronfolgerin ernannt worden, jetzt nimmt sie den Titel in Anspruch. Aufgrund ihrer Auslegung der Erbfolge erkennt Maria Elisabeths Anspruch auf das Königreich nicht an. Was folgt, ist ein epischer Machtkampf.
Doch der Konflikt ist komplex und reduziert sich nicht bloß auf zwei Konkurrentinnen: Die Reformation spaltet Volk und Hof, die Katholikin Maria sieht sich Rebellionen aus den eigenen Reihen ausgesetzt, auch Elisabeth durchlebt Betrug und Manipulation. Beide Rivalinnen sehen sich gleichermaßen männlich dominierten Machtansprüchen ausgesetzt und versuchen, religiösen Fanatismus und politischer Rangelei mit Mäßigung zu begegnen. Und so erwächst aus der Distanz beidseitiger Respekt, und aus den Nebenbuhlerinnen werden Schwestern im Geiste. Doch auch die stolpern über Stolz und Machtstreben – so einfach ist die Welt nun nicht gestrickt, und das auch nicht in diesem Drama.
Theaterregisseurin Josie Rourke inszeniert inszenatorisch, im Guten wie im Schlechten. Da sind zum einen wundervoll arrangierte Stillleben zu Hofe, durch die sich ihre zwei Königsblüterinnen bewegen. Agieren sie außerhalb der Gemäuer, bildet die Natur eine erhabene Kulisse wie aus dem Bilderbuch. Das klingt stilisiert, ist aber rundum schlichtweg prächtig erhaben gestaltet – ein Sittengemälde im wörtlichen Sinne. So wie Rourke jedes szenische Detail an seinen wohl durchdachten Platz rückt, geht sie derweil auch erzählerisch vor: Vergleichsweise verkopft stellt sie Machtstrukturen aus, stellt geradezu zwanghaft wiederholt in rascher Schnittfolge das Befinden ihrer beiden Ladies gegenüber und erweckt den Eindruck, auf Dinge zeigen zu wollen, sie auszusprechen, anstatt sie einfach zu erzählen. Wenn sich Elisabeth schließlich bis zur Selbstaufgabe dem Amt unterwirft und sich vom eigenen Wesen entfernt, dann ist die Schminkmaske am Ende keine subtile Metapher mehr.
Das geht einerseits auf Kosten der emotionalen Bindung, und doch lohnt diese filmische Reise. Saoirse Ronan und Margot Robbie spielen großartig, und die zwei Stunden sind kurzweilig und anregend gefüllt: Wir erhalten Einblicke in bis heute gültige politische Machtstrukturen und, wie demnächst in „Vice – Der zweite Mann“, in den dominanten Einfluss aus der zweiten Reihe. Vor allem aber spielt Rourke exemplarisch die weibliche Regentschaft in der männlich manifestierten Welt durch. In der sich die eine Lady aufgibt und sich nur auf dem Thron halten kann, indem sie zum Mann wird, während sich die andere treu bleibt im Hinblick auf ihre Güte, im Hinblick auf ihre Weiblichkeit – und damit politisch scheitert. Was beide eint: Sie sind allein.
(Hartmut Ernst)

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