
Lars und die Frauen
USA 2007, Laufzeit: 107 Min., FSK 0
Regie: Craig Gillespie
Darsteller: Ryan Gosling, Emily Mortimer, Paul Schneider, Kelli Garner, Lauren Ash, Patricia Clarkson, Doug Lennox,  Joe Bostick, R.D. Reid, Nancy Beatty, Liz Gordon, Nicky Guadagni
Lars lebt zurückgezogen in der umgebauten Garage des elterlichen Hauses. Die sind lange tot, im Hauptgebäude wohnt inzwischen sein Bruder mit seiner Frau Karin. Erst eine lebensechte Sexpuppe vermag Lars aus seiner Einsamkeit zu reißen.
Es ist eine komplett lachhafte Geschichte. Ein gefundenes Fressen, um gleichermaßen sexistische Stammtischwitze zu reißen, sich über psychisch Kranke oder andere Außenseiter lustig zu machen oder einfach grobschlächtigen Humor im Sekundentakt zu droppen. Das alles macht der Film nicht.
Lars kauert hinter seiner Eingangstür. Draußen sieht man seine Schwägerin, die ihm fröhlich zuwinkt. Er weicht nervös zurück, will sich verstecken. Als sie klingelt, öffnet der schwer Depressive und Kontaktgestörte nur zögerlich die Tür. Karin will ihn zum Frühstück einladen. Nach langer Überredungskunst sagt er zu – erscheint dann aber doch nicht. Die erste Szene zeigt gleich, dass der Film all das oben Beschriebene nicht will. Stattdessen ist er um eine nachvollziehbare Darstellung und Psychologisierung seiner Figuren bemüht. Absurd, wenn Lars seine neue Freundin, die Gummipuppe Bianca, ins Gemeindeleben einführt – zur Party, zum Arzt oder Einkaufen oder gar in die Kirche mitnimmt – ist das natürlich trotzdem. Und lachen darf man hier auch. Aber beim Lachen hört die Qualität des Films nicht auf, sie fängt erst dahinter an.
Das ganz normale Leben in der kleinen Stadt wird ziemlich gestört, als Lars Verwandtschaft zusammen mit der Ärztin Dr. Berman beschließt, dessen neue Lebenspartnerin aus Latex öffentlich zu akzeptieren und gleichzeitig Lars neu gewonnenes Selbstbewusstsein zu nutzen, um seine psychischen Probleme anzugehen. Die anfängliche Skepsis in der Gemeinde weicht einem kollektiven Aktionismus, dem neuen Paar – Lars und Bianca – zu helfen. Bianca scheint dabei rasch ein Eigenleben zu erlangen, teils gesteuert von Lars, teils von den anderen: Die Latexpuppe erfüllt an diesem Ort gleich mehrere Funktionen.
Nick Holts Channel 5-Doku „Guys and Dolls“ portraitierte im letzten Jahr einige Männer, die mit so genannten Real Dolls leben (der Originaltitel „Lars and the Real Girl“ rekuriert auf den Puppennamen). Hat man das gesehen, kommt einem die Story nicht mehr ganz so absurd vor. Vereinsamung, Kommunikationsstörungen und Mutterkomplexe sind dort die Hintergründe. Der Spielfilm von Craig Gillespie hält dieser Wirklichkeit, in der die Vereinsamung durch die Beziehung zu der Puppe immer weiter zunimmt, eine andere entgegen. Hier holt die Gesellschaft den einsamen Lars zurück ins Leben. Und der liebenswerte Lars führt damit zugleich indirekt die Gesellschaft wieder zusammen. Eine schöne kleine Utopie.
(Christian Meyer)

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