Die besten Jahre - La meglio gioventú
Italien 2003, Laufzeit: 358 Min.
Regie: Marco Tullio Giordana
Darsteller: Adriana Asti, Sonia Bergamasco, Paolo Bonanni, Alessio Boni, Valentina Carnelutti, Camilla Filippi, Fabrizio Gifuni, Claudio Gio, Luigi Lo Cascio, Maya Sansa, Riccardo Scamarcio, Giovanni Scifoni, Andrea Tidona, Jasmine Trinca, Lidia Vitale
Wenn Lebensformen und Weltanschauungen sich in so rasantem Tempo ändern wie in den westlichen Gesellschaften der letzten Jahrzehnte, können Filme, die sich Zeit nehmen, nur vierzig Jahre jüngster Geschichte Revue passieren zu lassen, einen fast epischen Charakter annehmen. Sie leisten erinnernde Identitätsversicherung in Zeiten sich ausbreitender Geschichts- und Orientierungslosigkeit. Was Edgar Reitz in seiner "Heimat"- Reihe für die deutsche Kultur unternahm, realisiert Marco Tullio Giordana in "Die besten Jahre" für die italienische: ein weit angelegtes Panorama, reich garniert mit exemplarischen Schlüsselfiguren der Jahre der Revolte und freien Liebe, der aufblühenden Utopien samt den folgenden Enttäuschungen des aufkommenden Terrorismus und des nachfolgenden Rückzugs in Karrieretechniken und familiäre Privatisierung als "Ultima Ratio" der eigenen Existenz. Dass sechs Stunden Zeitgeschichte nicht zum Anschauungsunterricht werden, ist vor allem Tullios Verdichtung des Zeitgeschehens zu psychologisch komplexen und gleichzeitig den spezifisch italienischen Kontext überschreitenden Figuren zu verdanken. In überzeugenden Dialogen werden Hoffnungen und Scheitern der aufeinander folgenden Generationen verdichtet. Einfallsreichtum in der Situationsgestaltungen und eine ideale Balance zwischen der Heiterkeit und Ernsthaftigkeit prägen Tullios Werk. Er vermag das Beste und Traumhafte des italienischen Lebens, seine tiefe Humanität ebenso einzufangen wie existenzielle Vereinsamung bis zum Selbstmord. Klischees meidend bleibt sein Blick unparteiisch, wie das (zuweilen vielleicht zu) gelassene Auge eines Chronisten, der bereits am Ende des Weges angekommen ist. Der Verzicht auf künstliche Dramaturgisierung und Ausgewogenheit der Konfliktgestaltung beeindrucken. Die Eleganz der Dialoggestaltung und natürlich die Schönheit der Landschaften - gleichsam als Gegenwelt zum Gesellschaftsterror - tun das ihre, um diesen Film wirksam zu machen.
(Dieter Wieczorek)
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Prominente Drehorte
Der Verein Köln im Film zeigt in Köln gedrehte Spielfilme – Festival 05/24
Ernster Mai
Der Frühling schwemmt viele Dokumentarfilme ins Kino – Vorspann 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Gegen die Marginalisierung weiblicher Körper
„Notre Corps“ im Filmforum – Foyer 04/24
Show halt
Die Sache mit dem Oscar – Vorspann 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Paradigmenwechsel im Mensch-Natur-Verhältnis“
Mirjam Leuze zum LaDOC-Werkstattgespräch mit Kamerafrau Magda Kowalcyk („Cow“) – Foyer 03/24
Schöne Aussichten im Kino
Der Festivalauftakt in Berlin verspricht ein gutes Filmjahr – Vorspann 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
Bären für NRW-Filme?
21. NRW-Empfang im Rahmen der 74. Berlinale – Foyer 02/24