Das Waisenhaus
Spanien 2007, Laufzeit: 102 Min., FSK 12
Regie: Juan Antonio Bayona
Darsteller: Belen Rueda, Fernando Cayo, Mabel Rivera, Roger Príncep, Montserrat Carulla, Andrés Gertrudix, Edgar Vivar, Geraldine Chaplin
Eine Familie zieht in ein verfallenes Haus am Meer. Unheimliche Dinge geschehen, die den Augen der Erwachsenen verborgen bleiben. Vorerst.
Laura, Mutter eines adoptierten Sohnes, wuchs dereinst in einem Waisenhaus auf. Mittlerweile ist das Gebäude verfallen. Nun zieht es Laura mit Gatten und Sohn zurück an den Ort ihrer Kindheit: Sie will das Waisenhaus wieder herrichten und elternlosen Kindern ein neues Zuhause bieten. Allerdings reißt Laura damit nicht nur alte Erinnerungen, sondern auch alte Wunden auf – ein düsteres Geheimnis scheint das Haus zu umgeben: Sohn Simón findet rasch Freunde, die mit ihm Schnitzeljagd spielen und die, auch wenn er sie sieht, für seine Eltern unsichtbar bleiben. Simón beginnt, Bilder seiner Freunde zu zeichnen, eine merkwürdige alte Frau schleicht ums Haus, und als schließlich ihr Sohn urplötzlich verschwindet, wenden sich die verzweifelten Eltern an Aurora (unheimlich wundervoll: Geraldine Chaplin), die sich als Medium in einer Séance anbietet.
Juan Antonio Bayona möchte mit seinem Debüt-Spielfilm vor allem eines: subtil gruseln. Während die meisten cineastischen Horrorentwürfe der letzten Jahre mit Witz und/oder Blutgrätsche daherkommen, orientiert sich Bayona an Vorbildern wie zuletzt Alejandro Amenábar mit „The Others“. Filme, die das Grauen atmosphärisch aufbauen und ein Publikum belohnen, das noch zwei Kinostunden ohne befreiende Lacher oder Kommentare aushält und die Angst genießerisch an sich heranlässt.
Vorausahnend gleitet hier die Kamera durchs verwinkelte Gebäude oder über den verlorenen Strand, zieht hier und da effektvoll an und bebildert damit flüssig eine Geschichte, die angenehm rund und schlüssig ist, ohne sich durch irgendwelche aufgesetzten Twists hervortun zu wollen. Das ist solide, aber effektiv und heutzutage selten. Und das kann man Bayona nicht genug anrechnen, der Schützenhilfe von Regisseur Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“) erhielt, der „Das Waisenhaus“ produzierte – spanisch-sprachige Filmemacher scheinen da momentan ein besonderes Händchen zu haben.
Ganz unblutig bleibt der Film bei aller Subtilität nicht – Bayona streut schon mal kleine blutige Erschrecker ein, die nie Selbstzweck sind, sondern den seichten Grusel punktuell angenehm pushen. Insgesamt also ein beachtlich sicheres Debüt des Nachwuchsregisseurs, der sich souverän der alten Schule verschreibt.
(Hartmut Ernst)
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24