Banksy – Exit through the Gift Shop
USA/GB 2010, Laufzeit: 87 Min., FSK 6
Regie: Banksy
Darsteller: Banksy, Thierry Guetta aka Mister Brainwash, Debora Guetta
>> www.exit-through-the-gift-shop.de
V-Effekte satt!
Der Doc (14), 15.11.2010
Herr Brecht hätte seine Freunde an diesem Film. Der V-Effekt feiert fröhliche Urständ. Die Verfremdung und Verschleierung ist komplett. Ein Fest für den Geist des Zuschauers, der ständig nachdenken muss, auf welcher Ebene er sich befindet und ob er gerade auf´s Glatteis geführt wird oder den Bildern trauen kann. Was vordergründig als Dokumentarfilm daher kommt, ist in Wahrheit ein geschickt inszenierter Spielfilm. Aber das merkt man erst im Laufe der Zeit, wo der Film schon recht weit gediehen ist.
Der Clou aber ist, dass in dem Spielfilm, der sich als Dokumentarfilm tarnt, auf einer höheren Ebene doch wieder ein Dokumentarfilm drin steckt, nur eben über eine ganz andere Person als man zuerst glaubt. Der wirklich Portraitierte ist nicht Thierry, sondern Banksy, der in seinem eigenen Film eine Nebenrolle spielt. Zu sehen ist er allerdings dabei nicht, nur eine leere schwarze Kapuze, wie bei den legendären schwarzen Reitern aus dem Herrn der Ringe. Und real zu hören ist er auch nicht, nur eine verzerrte Stimme, wie beim Enthüllungsfernsehen, wenn unerkannte Zeugen gefilmt werden. Das letzte Geheimnis wird nicht gelüftet. Wer Banksy –immerhin eine reale Person, ein realer Künstler- wirklich ist, bleibt offen und geheim. Auch die innereste Matrioschka des Films, die Doku über den Künstler und Regisseur Banksy, löst also keine Rätsel, sondern schafft neue Geheimnisse.
Spannend für den Kopf ist der Film also allemal. Obendrein hat „Exit through the Gift shop“ fast alles, was ein guter Film braucht: gute Musik, fulminante Bilder, Spannung, Action, Komik, das Eintauchen in fremde Welten. Wie die Streetartkünstler in der Nacht die Stadt erobern, mit der Polizei Katz und Maus spielen, wie sie ihr Leben auf fremden Dächern riskieren, ist faszinierend zu sehen.
Ganz nebenbei kommt auch raus, das die Streetartkünstler nicht nur (oder jedenfalls nicht primär) ihr eigenes Ego bedienen. Anders als beim Sprayer, der nur das eigene Tack als Zeichen „ich war hier“ für Eingeweihte hinterlässt, haben Leute wie Banksy auch eine Botschaft. Und einen demokratischen Ansatz, Kunst in den öffentlichen Raum zu bringen, mitten unters Volk sozusagen.
Auch im Detail spielt Banksy mit den Ebenen. Er ist ein Meister des schöpferischen Zitats. Von Andy Warhole klaut er souverän die Maoköpfe, um sie dann im gleichen Stil als Kopf von Madonna wieder auferstehen zu lassen. Und von Beuys klaut er die Idee der Vergänglichkeit des Kunstwerkes. So wie Beuys verrottende Lebensmittel ins Bild einbezog, scheut sich Banksy nicht, sein schlampig hingeklebtes Spraybild dem Vandalismus des öffentlichen Raumes auszusetzen.
Ganz locker, so nebenbei zeigt der Film auch die Gesetze des Kunstmarktes, die innere Verflechtung von Kunst und Verkaufsstrategie. Wer verrückt genug ist, frei von Selbstzweifeln und es groß genug aufzieht, der wird Erfolg haben auf diesem Markt. Auch hier zeigt sich wieder das verwirrende Spiel der Ebenen. Banksy führt schonungslos die Gesetze des Kunstmarktes vor, offenbart aber zugleich freimütig, dass er selbst ein Teil davon ist. Das letztere hat ihm viele Feinde in der Streetartszene eingebracht, aber der Vorwurf, dass der Künstler seine Seele für Mammon verkauft hat, ist so alt wie die Kunst selbst. Natürlich ist es das Gesetz des Kunstmarkts: jetzt, wo es einen Film über Banksy und seine Street Art gibt, werden die Preise seiner Graffitti in die Höhe schnellen. Welche Ironie der Geschichte, erst wollen die Hauseigentümer die Graffitti vom Haus abkratzen, dann ist sie mehr wert als das Haus, an dem sie kleben. Man wird ganz schwindelig, wenn man das zuende denkt.
Also, der Film ist eine Lust für alle Sinne. Nur einen Taschentuchfilm darf man halt nicht erwarten. Dafür modernstes Kino vom Feinsten. Unter den Zuschauern waren viele aus der Kunst- und Sprayerszene. Der Film hätte auch anderes Publikum verdient; auch Herr Brecht hätte postum seine Freunde daran. Und den Namen Banksy wird man sich merken müssen. Der kann was.
tonight the streets are ours
Kollerteral.. (54), 10.11.2010
Spaßige Doku, der ich im Nachhinein am dankbarsten dafür bin, daß sie mich auf den Britischen Musiker Richard Hawley aufmerksam gemacht hat - eines seiner Lieder, "Tonight The Streets Are Ours", läuft am Anfang und Ende des Films.
Wildes Ding
Bijan (32), 09.11.2010
Und gut gemacht obendrein. Eines der Highlights auf der diesjährigen Berlinale. Passt absolut in das Bild / Image, das Banksy auch in anderen Formen schon abgegeben hat. Modern, sehenswert.
Unglaublich - aber gut!
woelffchen (597), 04.11.2010
Nach einem etwas müden Start nimmt dieser Doku aber bald mehr und mehr an Fahrt auf, um gegen Ende in ein kaum vorstellbares Ergebnis einzumünden, daß man - so man sich für die Kunstszene dieses Sektors einigermaßen interessiert - nur staunen kann, falls dort alles mit rechten Dingen zugeht.
Der rosa Elephant allein ist schon sehenswert, und dann der Hinweis im Abspann: "No elephants had been harmed..." Richtig süß!
Die überaus positive Kritik con choises stimmt.
Runge (20), 25.10.2010
"Smarte Auseinandersetzung mit Realität und Fiktion von ? Banksy." Viel Spass!
Läuft übrigens auch im Odeon mit Untertiteln, geht auch gar nicht anders.
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