Aus Protest gegen unfaire Arbeitsbedingungen und mickrige Honorare haben sich inzwischen 12.000 Kulturschaffende bei facebook einer „Künstler-Klagemauer“ – initiiert von Musical-Produzent Johannes Schatz – angeschlossen und setzen sich für ein neues Gütesiegel „Art But Fair“ ein.
Unterirdische Honorare treiben gerade in der Freien Szene zahlreiche Künstler dauerhaft in die Selbstausbeutung, den finanziellen Ruin und die Altersarmut. Politik und Zuschauer scheinen sich mit den unwürdigen Verhältnissen im künstlerischen Bereich abgefunden zu haben oder nehmen diese billigend in Kauf: Der Beruf mache ja schließlich Spaß, und man habe sich freiwillig für ihn entschieden. Doch dies ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit, weil Künstler ebenso zentraler Bestandteil einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft sind wie Lehrer, Naturwissenschaftler, Ingenieure, Beamte oder Politiker, die z.T. auch öffentlich alimentiert werden.
Von Schauspielern der Freien Szene, von denen oft verlangt wird, ohne Probenpauschale sechs bis acht Wochen zu proben und für weniger als 100 € am Abend zu spielen, bis hin zu einer prominenten Sopranistin wie Elisabeth Kulman, die ihrerseits beklagt, dass selbst die renommierten Salzburger Festspiele keine Probenpauschale mehr zahlen, sondern nur die Abendvorstellungen, haben sich unterschiedlichste Künstler der Initiative bereits angeschlossen. Wenngleich die Gagen in der Hochkultur andere sein dürften als in der Freien Szene, so zeigt sich auch die Opern-Diva solidarisch: „Ich hatte sicher auch einen schwierigen Weg ganz nach oben, aber das, was ich da zu lesen bekam, hat mich erschüttert und auch sprachlos und gleichzeitig wütend gemacht.“
Es sollte deutlich gesagt werden: Auch in Köln treten – abseits der städtischen Bühnen – täglich professionelle, gut ausgebildete Schauspieler, Tänzer und Sänger zu Dumpinghonoraren auf. Die Entwicklung der letzten Jahre ist an Zynismus kaum noch zu überbieten: Eigentlich warten Politik und Verwaltung nur darauf, dass sich die Zahl der Theater und Künstler von selber dezimiert. Über nicht erfolgte Inflationsausgleiche finden zudem seit Jahren heimliche Kürzungen im Kulturbereich statt. Für die, welche die Theater und damit schließlich die Stadt mit Leben füllen, bleibt aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen immer weniger Geld übrig. Es ist fatal: Künstler aller Couleur neigen dazu, ihr Ding auch gegen wenig Bezahlung zu machen, weil es ihr Lebensinhalt ist. Auf dieser Bereitschaft zur Selbstausbeutung die Kulturlandschaft einer Stadt oder eines Landes aufzubauen, ist menschenverachtend. Insoweit erfolgt der Künstlerprotest spät, aber berechtigt. Auf der anderen Seite sollten die Künstler selber Rückrat zeigen und schlecht bezahlte Engagements oder unterfinanzierte Projekte ablehnen.
Vor diesem prekären Hintergrund gewinnt eine Forderung der Interessenverbände Theaterkonferenz und Plattform Kölner Theater neue Dringlichkeit, welche schon seit längerem die Kopplung der Zuschüsse für die Freie Theaterszene an die Zuschüsse der Städtischen Bühnen in Höhe von 10% (bei gleicher Zuschauerzahl!) fordern, um soziale Mindeststandards bei den Künstlerhonoraren und auch eine Wettbewerbsfähigkeit im nationalen und internationalen Vergleich herzustellen.
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