Was für ein Konzertmonat! Gleich am 5. September geht es mit drei Überschneidungen an einem Abend los: Die Ober-Shoegazer My bloody Valentine kommen in die Stadt! Kevin Shields und Co. haben 1988 und '91 mit ihren beiden Alben Legendenstatus erzielt. Erst 22 Jahre später erschien in diesem Frühjahr mit „mbv“ ein neues Noise Pop-Album. Nun kommt die Tour mit den neuen Songs voller verzerrter Gitarrenwände mit zartem Gesang (5.9. 19 Uhr, Live Music Hall). Seit einiger Zeit trauen sich vermehrt queere Rapper an die Öffentlichkeit. Das ist fast so heikel, wie wenn sich ein Black Metaller outet – aber auch das gibt es. Im Juli war bereits der schwule Cakes da Killa aus New York in der Baustelle Kalk – mit hübschem Blumen-Diadem auf dem Kopf. Khalif Diouf aka Le1f fährt modisch auch einen scharfen Style,setzt musikalisch aber eher auf böse. Die reine Hip Hop-Lehre verkündet er nicht, sein kantiger Sound klingt schon eher nach Trap (5.9. 21 Uhr, Club Bahnhof Ehrenfeld). Alt-Punker Jens Rachut (Angeschissen, Dackelblut, Kommando Sonne-nmilch u.a.) kommt im September gleich mit zwei Projekten nach Köln: Erst ist er mit der tollen Supergroup N.R.F.B. hier. Nuclear Raped Fuck Bomb lautet der volle Bandname des Projektes um Rachut, Meense Rents (Goldene Zitronen, Egoexpress, Stella, Die Vögel), Thomas Wenzel (Goldene Zitronen, Die Sterne) und Armin Nagel (Oma Hans). Außerdem dabei: Lisa Hagmeister, Schauspielerin, die hier singt, und Becci Ohme an der Orgel. Genauso vielseitig wie die Besetzung ist auch die Musik. Das aktuelle Album „Trüffelbürste“ belegt das eindrucksvoll (5.9. 21 Uhr, Gebäude 9). Ende des Monats kommt Rachut dann noch mal mit seiner bestens eingeführten Punkband Kommando Sonne-nmilch in die Stadt (28.9. 21 Uhr, Gebäude 9).
Daniel Benjamin und seine Frau Eleni Zafiriadou haben als Sea & Air ihr Publikum in der Regel fest im Griff. Sie am Spinett, er an der Gitarre, beide bedienen nebenher noch diverse Schlagzeugteile. Benjamins hipper Zwirbelbart und seine lupenreine Kopfstimme tragen sicher auch zur Faszination bei (10.9. 20 Uhr, Stadtgarten). Ganz anders: Wolf Eyes gehören zu den radikalsten Noise-Terroristen around. Hunderte von Veröffentlichungen gibt es angeblich von der Detroiter Band und den unzähligen Seitenprojekten. Mal mit Anlehnung an Black Metal, mal mit Referenzen zu Free Jazz, gibt es hier weniger den dicken Wumms als das fiese Fiepsen. Die Devise lautet jedenfalls ganz klar: „Hör mit Schmerzen“ (19.9. 19 Uhr, Baustelle Kalk).
Auf ihrem fünften Album „Tales of a GrassWidow“ klingt das Schwestern-Duo Coco Rosie immer noch, als würden sie uns durch Wurzelwerk und Moosflechten hindurch aus einer entrückten unterirdischen Parallelwelt zuwispern. Sonderbares Instrumentarium und der eigentümliche Gesang machen ihre fragilen Popsongs mit kammermusikalischem Einschlag nach wie vor einzigartig (21.9. 21 Uhr, Gloria). Die Isländer Múm werden gerne mit ähnlichen Bildern belegt. Ihre experimentelle Popmusik ist vielleicht ein paar Tonarten freundlicher, aber vergleichbar sind die Klanggebilde doch. Auch ist die Vermischung von analogen und digitalen Sounds eine Parallele. Sie kommen nicht zu zweit, sondern gleich zu siebt (23.9. 21 Uhr, Gebäude 9). Die Indie-Rocker Built to Spill um Doug Martsch gibt es nun auch schon gut 20 Jahre. Zwischen schöner Melodie und verzerrter Gitarre haben sie in dieser Zeit ebenso gut vermittelt wie ihre erklärten Vorbilder Neil Young oder Dinosaur Jr. Das machen sie seit all den Jahren tatsächlich immer noch mit erstaunlicher Souveränität auf hohem Level (26.9. 20 Uhr, Gebäude 9).
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