„Wir machen quasi eine doppelte Zeitreise“, erklärt der Regisseur Simon Solberg, der John Steinbecks Roman „Von Mäusen und Menschen“ neu für die Bühne des Theaters Bonn inszeniert. Einerseits findet sich das Publikum in Nordamerika der 1930er Jahren wieder, dem Originalschauplatz von Steinbecks Werk. Hier ziehen die beiden Wanderarbeiter Lennie und George zur Zeit einer historischen Dürre durch Kalifornien. Solberg spannt nun auch den Bogen zur Klimakrise: „Wir schauen auch in eine mögliche Zukunft, die uns alle erreichen kann, wenn es uns nicht gelingt, die Klimakatastrophe aufzuhalten“, so der Regisseur. Lennie und George träumen davon, ein Stück Land zu besitzen, das sie als Selbstversorger bewirtschaften wollen. Sie glauben fest daran, diesen Traum erreichen zu können, wenn sie nur hart genug arbeiten. So landen sie bald als Arbeiter auf einer Farm. Solberg erklärt: „Die Farm wird zu einer Miniaturversion unserer Gesellschaft, denn auch dort beruht der Reichtum von Wenigen auf der schweren Arbeit von Vielen. Die Mehrheit der Arbeitenden auf der Farm fühlt sich überfordert und ständig austauschbar.“
Obwohl die Figuren des Stücks viele Gemeinsamkeiten teilen, scheitern sie doch daran, sich zusammenzutun. Zwar gibt es einen Gewerkschafter, der versucht, die Arbeiter:innen zu mobilisieren und ihre Ausbeutung zu beenden, doch ihm stehen etwa Lenni und George entgegen, die der Doktrin der Leistungsgesellschaft unterliegen und ihren Traum einer eigenen Farm verfolgen wollen. Selbst der Sohn des Chefs, der ständig die Löhne kürzt, befürchtet, nicht ernst genommen zu werden (oder von seiner Frau betrogen zu werden). Immer wieder erhalten Zuschauer:innen Einblicke in die Ängste der Figuren, die durch eine Live-Band (Philip Breidenbach, Joonas Lorenz, Samuel Reissen) musikalisch zum Ausdruck kommen. „Trotz der lebensfeindlichen Umstände liegt in jeder Begegnung der Figuren die Hoffnung, dass wir hinter der Fassade erkennen könnten, dass die Sehnsüchte unserer Mitmenschen eigentlich die gleichen sind wie unsere eigenen“, erklärt der Regisseur. Die Übertragung auf die Klimakrise findet Solberg naheliegend: „Obwohl wir die Klimakatastrophe vor Augen haben, fällt es uns aus Angst vor Statusverlust, sozialer Ausgrenzung und Altersarmut noch schwer, alte Denkmuster hinter uns zu lassen, um gemeinsam eine bessere Zukunft zu gestalten. Aber bei Steinbeck wie heute überwiegt trotz aller Tragik eins: die Hoffnung, dass wir diese Aufgabe als Menschheit lösen“.
Von Mäusen und Menschen | 1., 3., 9., 23., 27., 29.9., 19.10. | Theater Bonn | www.theater-bonn.de
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