Pulheim gehört zu den eher unauffälligen Gemeinden im Kölner Umland, auch wenn dort mit Jürgen Rüttgers ein ehemaliger NRW-MP wohnt. 2010 geriet das Städtchen trotzdem kurzzeitig in die Schlagzeilen, weil sich zwei Multis um die dort europaweit ausgeschriebene Energieversorgung stritten. RWE verlor, Veolia machte das Rennen.
Bei den neugegründeten Stadtwerken übernahm der französische Konzern 49%, verteilt auf seine Töchter Veolia Wasser und BS-Energy. Hinter letzterer verbergen sich die Stadtwerke Braunschweig, an denen Veolia wiederum 74,9% hält. Für Unruhe sorgte en passant ein Bericht der „Wirtschaftswoche“. Ihre Vermutung: Die Gründung eines Stadtwerkes könne man gut als „freundlich, kommunal und bürgernah“ verkaufen, tatsächlich wolle Veolia mittelfristig das städtische Energiegeschäft samt Vertriebs- und Netzgesellschaft ganz übernehmen.
Der nach eigenen Angaben „Weltmarktführer für Umweltdienstleistungen“ verfügt bereits über ein Netz von Beteiligungen und Firmen. Mit dabei ist man z. B beim Wasser in Merseburg (MIDEWA), Neu-Isenburg (MHWA), Gera (OTWA) oder Berlin (BWB). Bei den BWB will der Konzern allerdings bald aussteigen – es rechnet sich nicht. Bislang versorgt man im Auftrag von rund 300 Kommunen 4,6 Millionen Menschen mit Trinkwasser, betreibt acht kommunale Bäder und behandelt das Abwasser von fünf Millionen Menschen. Umweltservices bietet Veolia in Dormagen, Leverkusen, Solingen, Neuss und Düren an. (Und ganz nebenbei: Veolia engagiert sich auch in Sachen Verkehr. In Pforzheim besorgt man den örtlichen ÖPNV. Als „InterConnex" konkurriert man mit der Deutschen Bahn, für die BwFuhrpark-Service GmbH, eine Tochterfirma der Bundeswehr, managt man die Mobilität der Truppe.)
Das alles hat das Unternehmen in Deutschland nicht wirklich bekannt gemacht. Dafür sorgte erst ein Dokumentarfilm. „Water makes money“ der Hamburger Filmemacher Leslie Franke und Herdolor Lorenz schildert eindrücklich einige Geschäftspraktiken des Konzerns. Bei der Privatisierung der Wasserversorgung setze man auf skrupellose Lobbyarbeit, lasse Anlagen und Leitungen verrotten und sorge mit überhöhten Gebühren für Extraprofite. Der Konzern reichte in Paris Klage ein. Sein Anwalt beschwerte sich, hier werde Veolia der „Korruption und der Verbindung zur Mafia“ beschuldigt. Man fordere eine Richtigstellung. Das Urteil wird in diesen Tagen erwartet. In der deutschen Chefetage soll man wenig glücklich über den Prozess sein – unnötiger öffentlicher Wirbel, heißt es. Die Stadtwerke Pulheim haben derweil einen neuen Geschäftsführer berufen. Der wurde von Veolia ausgewählt und von der Stadt „für gut befunden“. Den neuen Job wird Olaf Koschnitzky nur in Teilzeit ausüben, denn er ist weiter auch für BS Energy tätig.
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