Vornehmlich ältere Leute haben sich zum Kabarettabend im Kölner Senftöpfchen eingefunden. Einer von ihnen betritt die Bühne – und baut kurz nach Beginn schon ein Dementi ein: Wer gehört habe, er sei ein Querdenker und Coronaleugner, und erwarte ein entsprechendes Programm, der liege falsch. – Es soll ein aufschlussreicher und schmerzhafter Abend werden. Nicht etwa, weil Uli Masuth das Zündeln der Rechten mit der gesellschaftlichen Spaltung bespricht – sondern, weil er zunehmend selber zündelt. Dabei beginnt sein Programm „Lügen und andere Wahrheiten“ noch recht harmlos: Anfangs arbeitet sich der ehemalige Bundestagskandidat der Querdenker-Partei Die Basis in altbackenen Witzen an Politikern der aktuellen Regierungsparteien ab. Alles klar, Annalena Baerbock gibt sehr viel Geld für Kosmetik aus, Robert Habeck konnte Insolvenz nicht erklären und Karl Lauterbach war schon oft im Fernsehen zu sehen.
Kommt da noch was? Leider ja. Im weiteren Verlauf befasst sich Masuth mit dem Krieg in der Ukraine; obwohl er den angeblich nicht rechtfertigen will, lässt sich sein Beitrag dazu sinngemäß so zusammenfassen: Ja, aber hat nicht der Westen …? Es mag kindisch und sinnlos erscheinen, einfach den Spieß umzudrehen, aber es ist vor allem gefährlich: Denn selbst bei teilweise angebrachter Kritik dürfen die Verwerfungen der einen niemals gegen die der anderen aufgerechnet werden – es sei denn, man wünscht sich immer neue Verwerfungen. Ähnlich äußert sich Masuth auch zu Coronaleugnern: Ja, aber haben nicht Politik und etablierte Medien …? Nur geht er hier noch einen Schritt weiter – und meint, für ihn sei es okay, Corona zu leugnen. Es liefen ja auch Menschen frei herum, die an die unbefleckte Empfängnis glaubten. Bestechende Logik jedenfalls: Ja, aber glauben nicht die Christen …?
Das Publikum feiert ihn trotzdem – so steuert der Abend auf ein unangenehmes Finale zu: Unter Johlen und Klatschen stellt Masuth jetzt Regierungskritiker als unterdrückt hin und vergleicht die BRD mit der DDR in ihrer Endphase. Aber damit nicht genug: „Scherzhaft“ den Hitlergruß zeigen, „Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!“ singen und Feministinnen als „hässlich und grässlich“ bezeichnen – all das macht Uli Masuth im Senftöpfchen ausdrücklich nicht. Seinem Programm zufolge wäre es aber völlig in Ordnung, das zu behaupten. Immerhin schließt er schon aus der Existenz unterschiedlicher Informationsquellen und persönlicher Sichtweisen auf ein und dieselben Sachverhalte, dass es zu jedem Fakt auch Alternativen gäbe – und schafft dadurch einen Nährboden für Desinformation.
Mit „Flood the zone with shit“ (in etwa: „Das Feld mit Scheiße fluten“) hat der rechte Vordenker und Ex-Trump-Berater Steve Bannon einmal seinen Plan zur Verbreitung von Fake News umrissen. Auch wenn Uli Masuth keine offensichtlichen Lügen erzählt, seine Strategie ist Bannons sehr ähnlich: Wenn Fakten und Logik nicht mehr zählen, entsteht ein Vakuum, das Manipulatoren für die eigenen Zwecke nutzen können. Gerade leicht beeinflussbare Menschen sollten sich daher von Uli Masuths Auftritten fernhalten – aber auch alle anderen sollten ihn unbedingt verpassen.
Uli Masuth: Lügen und andere Wahrheiten | Fr 13.12. 20 Uhr | Hinterhofsalon, Köln | 0221 139 71 16
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