Wenn man nicht gerade dem Beruf des Bestattungsunternehmers oder des Gerichtsmediziners nachgeht, hat man in der heutigen Zeit nur recht selten direkten Kontakt mit dem Tod. Umso häufiger wird man indes mit dem Sterben in den Medien konfrontiert. Viele Kinder und Jugendliche dürften schon dutzendfach in Serien und Filmen dem Tod ins Antlitz geschaut haben, bevor er zum ersten Mal real in ihr Leben tritt. Diese Tatsache auf den bloßen Sensationseffekt zu reduzieren und den Medien zu unterstellen, sie würden damit eine voyeuristische Morbidität des Zuschauers befriedigen, ist allerdings zu kurz gegriffen. Das wird insbesondere am Programm des aktuellen Kinomonats deutlich, in dem der Tod und das Sterben mehrfach im Mittelpunkt der Filmhandlungen stehen, dennoch aber in erster Linie philosophische und existenzialistische Fragestellungen thematisiert werden.
Gleich dreimal können wir uns im Oktober medial an das Totenbett des filmischen Protagonisten begeben. Im Cannes-Gewinnerfilm 2010 „Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben“ dient das Sterben der Titelfigur als Ausgangsbasis für eine meditative Reflexion über Seelenwanderungen. In „Oskar und die Dame in Rosa“ steht ein zehnjähriger Junge im Mittelpunkt, der aufgrund seiner Leukämieerkrankung keine Gelegenheit haben wird, alle Aspekte des Lebens zu erfahren, und diese deshalb mit Hilfe einer pfiffigen neuen Freundin in der Theorie durchspielt. Die Summe eines reichen Lebens und zahlreicher intensiver Überlegungen über den Sinn der Existenz kann man in „Das Ende ist mein Anfang“ miterleben, in dem der sterbende Vater seinem Sohn Weisheiten mit auf den Weg gibt. All diese Beispiele führen uns als Zuschauer vor Augen, dass das Wissen vom Tod und der eigenen Sterblichkeit unerlässlich dafür sind, um unser Leben bewusst und sinnvoll zu leben.
Diese Erfahrung macht auch die Heldin in „Veronika beschließt zu sterben“, die erst einen missglückten Selbstmordversuch hinter sich bringen muss, um zu erkennen, wie schön das Leben sein kann und dass es sich zu leben lohnt. Auch für den Philosophen Martin Heidegger erhält das menschliche Leben seine Bedeutung und seinen Sinn erst durch seine Endlichkeit, durch die Gewissheit des Todes und die Ungewissheit seines Eintretens. Die Hinterbliebenen müssen diese Tatsache akzeptieren lernen und sich danach selbst der Aufgabe des Lebens stellen. Dies thematisiert der Hollywoodfilm „Wie durch ein Wunder“, bei dem der Protagonist lange Zeit den Unfalltod seines kleinen Bruders nicht hinnehmen will. Der Tod im Kino kann uns also die Erkenntnis von der eigenen Sterblichkeit in abgemilderter, weil medial gebrochener Form vermitteln und gleichzeitig Entwicklungsfortschritte aufzeigen, die erst durch die Existenz des Todes möglich werden.
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