In Kölns Belgischem Viertel ist immer etwas los. Aber jetzt bricht der Verkehr ausnahmsweise einmal zusammen, weil getanzt wird. Ecke Flandrischer- und Lütticher Straße kommen die Autos nur noch hupend voran, weil die Kreuzung voller Passanten steht. Die Tanzszene ist gekommen, um den neuen Event von Carmen Casagrande zu sehen. „Schaufenster“ nennt sich das Spektakel, angesiedelt zwischen Installation und Choreographie. Zwei junge Frauen und ein junger Mann stehen in der breiten Fensterfront einer Schuh-Boutique. Schwarz gekleidet mit kurzen Röckchen und Knieschohnern. Ein bißchen verrucht und ein bißchen sportlich, so unentschieden, wie das Outfit, so eklektisch gibt sich auch die Choreographie. Drei Puppen, erstarrt, die dann wie Maschinenwesen in Zuckungen verfallen. Etwas Hiphop, ein Anflug von Breakdance und Elemente des Modern Dance, dazwischen die Posen der Model-Welt. Das wirkt gefällig fürs Auge, ist solide einstudiert und bleibt eine Spur konventionell.
Eine junge Truppe, die sich erst noch vortastet in die ästhetischen Welten des Gegenwartstanzes. Hier und da beginnt man sich zu entdecken, probiert wechselweise Voyeurismus und Exhibitionismus aus. Offensichtlich, hat man noch keine Haltung zu den Lüsten und ihren Untiefen gefunden. Eine eigene Ästhetik muss man noch finden, derweil borgt man sich die Versatzstücke aus. Das alles entwickelt sich und die Idee mit den Schaufenstern ist ein voller Erfolg. So wird der Tanz wieder in die Stadt getragen, solcher origineller Ideen bedarf es, um frischen Wind in die Szene zu bekommen und sich im lauten Trubel der Kulturszene Kölns bemerkbar zu machen. Bis 10. September werden Carmen Casagrande und ihre Tänzer jeden Abend (20 Uhr) in einem anderen Schaufenster des Belgischen Viertels ihre Performances zeigen.
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