Wie war man stolz darauf, dass sich NRW Tanzland Nr. 1 nennen konnte. Zu Recht, denn in der Region zwischen Rhein und Ruhr liefen die Fäden eines europaweiten Netzwerks der Tanzschaffenden zusammen. Die zentrale Energie dafür ging vom unermüdlichen Einsatz der freien Tanzszene aus. Jener kleinen Gruppen, die unter schwierigsten Bedingungen Kontakte mit internationalen Kunstschaffenden knüpften, oftmals für die spärlichste Honorierung, die man sich vorstellen kann. Prekär war das immer. Der Vergangenheit anzugehören scheint aber bald der große Name NRWs im Tanzbereich, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Person seiner Ministerin Ina Brandes legt die Axt an gewachsene Strukturen.
„Die Lage für die freie Szene ist bedrohlich, und der Tanz scheint überproportional von den Haushaltskürzungen betroffen zu sein“, erklärt Heike Lehmke, die Geschäftsführerin des NRW Landesbüros Tanz. Im November letzten Jahres erfuhr sie, dass die Gelder für die internationale Tanzmesse NRW ab Januar gestrichen würden. Seit 30 Jahren funktioniert die Messe als Plattform der Tanzschaffenden. Nun steht sie ebenso vor dem Aus wie der International Dance Artist Service NRW (IDAS). Ein Knotenpunkt für überregionale Beziehungen und Produktionen, mit dem die NRW-Gruppen seit 15 Jahren ihre Fühler in alle Welt ausstrecken konnten. Selbst das Kölner Festival Cheers for Fears, das für die Nachwuchsförderung eingerichtet worden war, scheint der Vergangenheit anzugehören. Heike Lehmke weist darauf hin, dass an all diesen Stellen Kuratoren und Techniker gearbeitet haben, deren Wissen und Kompetenz Geld sparte. Eine einmal zerschlagene Struktur lässt sich mit Amateuren nicht wieder aufbauen.
Vor allem jedoch wundert sie sich, „dass es keine sorgfältige Diskussionskultur gibt“. Denn der Szene war durchaus klar, dass die Haushalte enger geschnürt werden würden, nur sitzt sie bei den Planungen gar nicht mit am Tisch. Gibt es überhaupt Planungen, oder reagiert hier nur ein in Panik geratener Rotstift? Wo ist die Transparenz, die Entscheidungen in einer Demokratie verlangen? Grundsätzlich stellt sich hier nicht nur für Heike Lehmke die Frage: Wo will man hin? Welche Vorstellungen hat man von der Kulturlandschaft der Zukunft und welche Bedeutung soll darin dem Tanz zukommen? Visionen scheinen aber das Letzte zu sein, worüber man derzeit in Düsseldorf nachdenkt.
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