So schwierig die Zeit der Pandemie auch war, so hat sie doch neue Formen der Kommunikation hervorgebracht. Niemand kann auf Dauer nur für sich allein tanzen, diese Kunst braucht den Blick und die Reaktion der Anderen. Die Choreographin Britta Lieberknecht traf sich während der Corona-Zeit mit Kolleginnen in Kölner Parks, um „Kunst zu praktizieren und zu leben“, wie sie sagt. Dabei lernte sie „die Freiheit, die in Nichtaufführungen entsteht“, noch einmal neu zu schätzen. Über ein Jahr hinweg improvisierte man regelmäßig miteinander. Dieser Austausch erwies sich schon bald als so fruchtbar, dass er dann auch im Tanzsaal mit Klavier fortgesetzt wurde. Jetzt ist daraus eine Produktion mit dem Titel „Leise schäumt das Jetzt“ entstanden. Improvisation, die ganz der Konzentration auf den Moment geschuldet ist, versteht die erfahrene Choreographin als eine Haltung, mit der auf die Krisen der Gegenwart zu reagieren ist. Sowohl weltweite Herausforderungen wie die Klimakrise als auch die Kriegssituation in der Ukraine verlangen notgedrungen die Bereitschaft zur Improvisation. Zugleich liegt in ihrer spontanen Praxis immer schon der Keim des Neuen.
Tanz und Musik ohne Plan steht auf dem Programm. Eine interessante Voraussetzung für eine Performance, an der Lilo Stahl und Britta Lieberknecht als Tänzerinnen teilnehmen werden. Sie liefern das raumgreifende Bewegungspotenzial, Eva Zöllner wird mit flinken Fingern das atmende Akkordeon bedienen und Harald Kimmig bietet ein Geigenspiel, das den Körper komplett in die Tanzaktionen einbringen wird. „Wir haben beim Tanz und bei der Musik die gleichen Impulse, aber sie drücken sich unterschiedlich aus“, erklärt Britta Lieberknecht. Das Konzept besteht aus Improvisation als Aufführungskunst. „Dazu muss man leer und offen sein. Alles zählt, jede Bewegung, denn man kann nichts zurücknehmen. Alles wird verwendet, was im Raum geschieht“, sagt Britta Lieberknecht und bezieht darin auch die Reaktionen des Publikums mit ein. Vor allem jedoch darf man gespannt darauf sein, wie das Quartett miteinander agiert und Tanz und Musik zu einem Kunsterlebnis verschmelzen wird.
Leise schäumt das Jetzt | 12.7. 20 Uhr (P), 13.7. 20 Uhr, 14.7. 18 Uhr | Tanzhalle Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3, Köln | 0221 973 15 50
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