Die Zahlen, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bezüglich altersgerechten Wohnraums vor ein paar Jahren vorgelegt hat, sind erschreckend. „Das aktuelle Angebot an altersgerechten Wohnungen reicht bei Weitem nicht aus, um den wachsenden Bedarf zu decken“, heißt es in einem Papier der Bank. Greife man allein die Personengruppe der über 65-Jährigen mit Bewegungseinschränkungen heraus – bei denen ein unmittelbarer Handlungsbedarf anzunehmen sei – zeige sich, dass bereits heute eine große Versorgungslücke bezüglich altersgerechten Wohnraums bestehe. 2013 wurde der Bedarf für diesen Personenkreis in Deutschland auf 2,7 Millionen Wohneinheiten veranschlagt. Dem standen Berechnungen zufolge aber lediglich ein altersgerechter Wohnungsbestand von rund 700.000 Wohnungen gegenüber. Bis 2030 wird für diese Zielgruppe mit einem Anstieg des Bedarfs auf rund 3,6 Millionen Wohnungen gerechnet.
Aber der Schuh für die Alten drückt noch woanders: Viele Menschen haben Angst, im Alter zu vereinsamen. Zudem wollen sie auch im letzten Lebensdrittel weiterhin selbstbestimmt ihren Alltag gestalten und ihn nicht von einem – womöglich unterbezahlten und völlig überlasteten – Pfleger bestimmen lassen. Und so begeben sich nicht wenige auf die Suche nach neuen Wohnkonzepten. Betreutes Wohnen, aber auch das Mehrgenerationenprojekt oder die selbst organisierte Seniorenwohngemeinschaft werden darum immer häufiger als attraktive Möglichkeiten wahrgenommen. Natürlich bringt das auch Verpflichtungen mit sich: Man muss sich aktiv in die Gemeinschaft einbringen und Aufgaben übernehmen. Hierzu sind Senioren nach der Generali Altenumfrage 2017 aber immer häufiger bis ins hohe Alter bereit. 45 Prozent der 65- bis 85-Jährigen engagieren sich ehrenamtlich, unter anderem im kirchlichen Umfeld sowie in Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen, mit durchschnittlich rund vier Stunden pro Woche. Hochgerechnet auf die Grundgesamtheit aller 65- bis 85-Jährigen ergibt dies einen zeitlichen Umfang von rund 1,48 Milliarden Stunden pro Jahr, was einer Arbeitszeit von etwa 870.000 Vollzeitbeschäftigten entspricht. Beste Voraussetzungen also, sich in einem Mehrgenerationenprojekt oder einer Senioren-WG einzubringen.
Die meisten älteren Menschen wünschen sich ganz besonders ein Leben in den eigenen vier Wänden, außerhalb stationärer Einrichtungen. Sollte es ohne fremde Hilfe nicht mehr gehen, könnte sich laut der Generali Altersstudie von 2013 immerhin gut jeder Vierte der 65- bis 85-Jährigen vorstellen, in einem Mehrgenerationenhaus oder einer Wohngemeinschaft zu leben. Die Chancen, die diese Wohnformen bieten, bestehen darin, dass Menschen im Alter möglichst lange selbstständig wohnen können und nicht alleine sind. Sie erfahren Gemeinschaftlichkeit, gegenseitige Unterstützung in einem familienähnlichen sozialen Netz, gestalten gemeinsame Freizeitaktivitäten und können bei Bedarf im Alltag auf die Hilfe der Mitbewohnerinnen und Mitbewohner zurückgreifen. Zusätzliche fachpflegerische Leistungen können durch ambulante Pflegedienste erbracht werden. Auch das könnte in Zukunft Kosten in der Pflege sparen und die Lebensqualität der Alten steigern. Eigentlich eine Win-Win-Situation.
Doch Ingeborg Dahlmann vom Dachverband Forum Gemeinschaftliches Wohnen warnt: „Gemeinsam wohnen, das ist nicht für jeden das Richtige. Man muss offen sein, sich auf den anderen einstellen.“ Da trifft es sich doch gut, dass viele der zukünftigen Rentner bereits in jungen Jahren ein gerütteltes Maß an Erfahrung mit dem gemeinsamen Wohnen in der „Studenten“-WG gemacht haben.
Es gibt zwar zahlreiche Projekte für generationenübergreifendes Leben. Aber die Nachfrage steigt signifikant. Da braucht es Lösungen, auch städteplanerischer Art. Insbesondere Architekten sind gefordert, die massiven Änderungen in der Gesellschaft durch neue planerische Ansätze zu gestalten. Das inklusive Gestalten, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Miteinander betont, wird eine der wichtigsten Aufgaben sein für die Beantwortung der Frage, wie wir in Zukunft wohnen wollen. Eine barrierefreie Umgebung ist dabei eine Grundvoraussetzung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens, für die bereits heute gesorgt werden muss.
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