Der abgezockte Johann Spies wusste schon, wie man mit dem Leibhaftigen Werbung macht. Nicht nur, dass Doctor Johannis Fausti ein Zauberer ist, er verschreibt sich auch noch dem Teufel. Doch wer 1587 einen Volksroman veröffentlichte, durfte natürlich auch die „nottwendiger Christliche Warnung und Abmanung“ nicht vergessen. Alles nur zum Besten des Lesers: Action fürs Seelenheil. Beim jungen Goethe wurde dann zunächst Sturm und Drang daraus, schließlich ein ikonisches Narrativ menschlichen Erkenntnisdrangs, verquickt mit Teufelsverschreibung und Gretchentragödie. Und damit war’s vorbei mit dem Faust-Pop. Zwar merkt man den Ingredienzen ihre Herkunft noch an, doch das Bildungsbürgertum ließ sich seinen „Faust“ nicht mehr nehmen. Wenn jetzt der Puppenspiel-Regisseur Moritz Soestmann sich Goethes „Faust I“ vornimmt, besteht wieder Hoffnung. „Faust“-Puppenspiele gab es zuhauf vor vierhundert Jahren, bevor Mr. „Habe nun ach…“ den Bildungsolymp erklommen hatte.
Schon im Dezember kommt ein zweiter Großmeister der Puppenspieler aus dem dichterischen Hause Walter Moers ins Rheinland: „Der Schrecksenmeister“ Eißpin ist der geheime Herrscher im zamonischen Städtchen Sledwaya, in der „das Gesunde krank und das Kranke gesund“ macht. Als Echo, das hochbegabte Krätzchen, sein Heim verliert, ist es gezwungen, mit Eißpin einen Vertrag zu schließen. Dieser verpflichtet sich, das völlig ausgehungerte Krätzchen auf höchstem kulinarischem Niveau aufzupäppeln und zu mästen, um es dann beim nächsten Neumond schlachten zu können. Eißpin, diese Mischung aus Faust und Mephisto, der Herr über Leben und Tod werden will, braucht für seine alchimistischen Experimente unbedingt das Fett von Echo – behauptet er jedenfalls. Doch da hat er die Rechnung ohne den Überlebenswillen von Echo und seinen Freunden wie den Grübelnden Eiern, dem Gekochten Gespenst oder dem Einäugigen Schuhu gemacht. Das Figurentheater Kronos zeigt Walters Moers‘ Fantasy-Geschichte im Kölner Künstler Theater.
Ein anderer Strippenzieher ist schließlich Prospero in Shakespeares „Der Sturm“. Auch er kennt sich mit magischen Künsten aus, kann die Elemente in Wallung bringen und hat sich Jahrzehnte lang einen Wolf gezaubert. Nachdem ihn sein Bruder Antonio mit einer Intrige in Mailand um die Macht gebracht hat, fristet er auf einer Insel sein Dasein – bis er seinen Bruder mit Kniffen in seinen Machtbereich zwingt. Shakespeares letztes Stück ist Trickkiste pur: Es gibt Stürme, die Schiffe zum Kentern bringen, ohne dass den Passagieren ein Haar gekrümmt wird; der Luftgeist Ariel hat die wunderlichsten Nummern drauf; Erdgeist Caliban sinnt ständig auf Rache und schließlich gibt es auch ein junges Paar: Ferdinand und Miranda, die Kinder der beiden zerstrittenen Brüder, ohne deren Liebe das ganze Happyend nichts wäre. Gavin Quinn vom irischen Pan Pan Theatre lässt am Theater Bonn Shakespeares Geister von der Leine.
„Faust I“ | R: Moritz Soestmann | Schauspiel Köln | Fr 10.2.(P) 19.30 Uhr | 0221 22 12 84 00
„Der Schrecksenmeister“ | R: Figurentheater Kronos | Fr 16.12. 20 Uhr | Kölner Künstler Theater | 0221 510 76 86
„Der Sturm“ | R: Gavin Quinn | Do 2.3.(P) 19.30 Uhr | Theater Bonn | 0228 77 80 08
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Verriss der Domstadt
„Die Wörter sind böse“ in Köln
Spiel mit der Psyche
Hofesh Shechter gastierte mit seiner Tanzkompanie in Köln – Tanz in NRW 01/26
Lässiger Spott
„Ophelia‘s Got Talent“ am Schauspiel Köln – Tanz in NRW 05/25
Von Un-, Zu- und Glücksfällen
„Dosenfleisch“ am Schauspiel Köln – Prolog 05/25
Gegen Genderklischees
Eine Operetten-Wiederentdeckung in Köln – Oper in NRW 05/25
„Wir suchen Orte der Wut und Traurigkeit auf“
Dana Khamis und Judith Niggehoff vom Jugendclub Polylux über „Trauer//Fall“ am Schauspiel Köln – Premiere 04/25
Fixer im Dienst der Wahrheit
„Making the Story“ am Schauspiel Köln – Prolog 03/25
Ein Massengrab für die Hoffnung
„Aus dem Schatten: Thiaroye“ von Alexandra Badea am Schauspiel Köln – Auftritt 02/25
Lang lebe das Nichts
„Der König stirbt“ am Schauspiel Köln – Auftritt 12/24
„Familie ist immer ein Thema“
Regisseur Rafael Sanchez und Dramaturgin Sibylle Dudek über die Spielzeit 2024/25 am Schauspiel Köln – Premiere 07/24
Zum Rasen verdammt
„Ein von Schatten begrenzter Raum“ am Schauspiel Köln – Auftritt 06/24
Menschliche Eitelkeit
„Ein Sommernachtstraum“ in Köln – Theater am Rhein 06/24
Das Meer in dir
„Aqua@Cycles“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 01/26
Im Hamsterrad des Grauens
„Der Gott des Gemetzels“ am Theater Bonn – Prolog 01/26
„Als säße man in einem flirrenden Zirkuszelt“
Regisseur Sergej Gößner über „Der fabelhafte Die“ am Comedia Theater – Premiere 01/26
Der Tanz der Krähe
„Die Ecke“ in der Alten Wursterei – Auftritt 01/26
Auszeit der Ewigkeit
„Pyrofems“ von Wehr51 im Studio Trafique – Auftritt 12/25
Praktisch plötzlich doof sein
Helge Schneider präsentiert seine neue Tour – Prolog 12/25
„Man spürt den Theatermenschen“
Dirigent Daniel Johannes Mayr über die Bonner Wiederentdeckung der Oper „Die Ameise“ – Premiere 12/25
So verwirrend wie das Leben
„Berlin Alexanderplatz“ am Schauspiel Köln – Prolog 11/25
Verlorene Jahre
„The Drop“ am Jungen Schauspiel in Düsseldorf – Prolog 11/25
Über zwei Ikonen
„Marlene Piaf“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 12/25
„Ein armes Schwein, aber auch ein Täter“
Regisseur Hans Dreher und Schauspielerin Laura Thomas über „Laios“ am Theater im Bauturm – Premiere 11/25
Von der Aufgabe des Denkens
Audiowalk „Jeder stirbt für sich allein“ in Köln – Auftritt 11/25
Gegen sich selbst antreten
„Fünf Minuten Stille“ am Kölner FWT – Theater am Rhein 10/25