Erstmals in seiner Geschichte veröffentlichte das Kölner Kulturamt einen Geschäftsbericht für das Jahr 2015. Kulturamtsleiterin Barbara Förster stellte bei der Vorstellung heraus, dass die Freie Kulturszene aller Sparten mit insgesamt 5,6 Mio. Euro in 2015 gefördert wurde. In 2016 ist eine leichte Erhöhung um 200.000 Euro beschlossene Sache und 2017 soll es eine weitere Erhöhung um 1 Mio. Euro geben. Beide Erhöhungen werden in die mittelfristige Finanzplanung der Stadt aufgenommen und sollen um weitere Erhöhungsschritte ergänzt werden. Sollte dies wie angekündigt kommen, so steht die Freie Kultur in Köln nach Jahrzehnten des Darbens am Anfang einer sehr positiven Entwicklung. Bestehende Strukturen werden gestärkt und neue kreative Potentiale erschlossen. Dies wiederum wird die Stadt insgesamt in Bewegung versetzen.
Allerdings – für den Privatmann klingt das nach viel Geld, bedenkt man aber, dass aus diesem Topf alle freien Theaterhäuser, Freie Gruppen und Theaterfestivals (2,1 Mio. €), der Tanz (491.400 €), die Musikszene (707.280 €), die Bildende Kunst (591.347 €), die Kölner Clubkultur (431.063 €), die Sparte Film (164.000 €) und die Literatur (200.100 €) und außerhalb der „klassischen“ Sparten das Musikfestival „Acht Brücken“ (500.000 €) sowie interkulturelle Kunstprojekte wie Birlikte oder das Urban Africa Festival (109.000 €) gefördert werden, so relativiert sich die geschilderte Größenordnung extrem. Zum Vergleich: Alleine das internationale Hamburger Kulturzentrum Kampnagel erhält von der Stadt jährlich einen Zuschuss von gut 4,5 Mio. Euro. Es gibt in Köln also noch viel zu tun, um an überregionale und internationale Entwicklungen Anschluss zu finden, aber hoffnungsvolle erste Schritte werden gerade vom schwarz-grünen Regierungsbündnis im Rathaus in die richtige Richtung gemacht. Dies gilt es anzuerkennen.
Dass es nicht nur ums Geld geht, stellten dieser Tage die Vertreter der Kölner Clubszene heraus: Eine neue Studie zur Kölner Pop- und Subkulturszene wurde jüngst vorgestellt. In Köln gibt es demnach 7.700 Konzerte jährlich mit 10.000 Künstlern, 3,87 Mio. Besuchern und 55 Mio. Euro direktem Umsatz plus Folgeumsätzen in Läden, Restaurants oder Hotels. Anknüpfend an dieses Zahlenwerk forderte die Klubkomm, als Interessenverband der Kölner Clubs und Veranstalter, viel mehr Einsatz der Stadt bei der überregionalen Bewerbung ihrer lokalen Musikszene und Clubs. Betrachtete man die in der Stadt höchst präsente Plakatkampagne der Stadt Hamburg für ihr Reeperbahn Festival im September, so zeigt sich, dass es auch im Bereich der Außendarstellung Kölner Kulturangebote noch viel Luft nach oben gibt, denn die Kritik der Klubkomm lässt sich auch 1:1 für die hiesige Theaterszene inklusive ihrer Theater- und Tanzfestivals übernehmen. Also liebe Stadtverantwortlichen: Piep, piep, piep – die Erhöhung der Fördergelder für die Freie Kulturszene als Ganzes ist ein erster wichtiger Schritt, den alle Beteiligten als Weckruf zum Aufbruch zu neuen Taten auf den unterschiedlichsten Handlungsfeldern begreifen sollten. Immerhin, es ergeben sich nach langer Zeit mal wieder Gestaltungsspielräume.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Atmosphäre der Angst?
Vorwürfe gegen den Kölner Intendanten Stefan Bachmann – Theater in NRW 07/18
Alle sind gleich, manche sind gleicher
Wunsch und Realität bei Stadttheater und Freier Szene – Theater in NRW 06/18
Auf Wandel reagieren
5. Kulturpolitisches Symposium „Zukunft:Kultur“ – Spezial 05/18
Falsche Träume vom Sparen
Theatergutachten in Bonn empfiehlt Investitionen statt Kürzungen – Theater in NRW 05/18
Tod des Etappenhasen
Ende der Ära Millowitsch – Theaterleben 03/18
Der zweifelhafte Charme des Verfalls
Die Orangerie in Köln wird endlich generalsaniert – Theater in NRW 02/18
Nit für Kooche
Die Theaterförderung 2019-2022 steht an – Theaterleben 02/18
Unser aller Haus
Besetzung der Volksbühne Berlin – Theaterleben 11/17
Bonn(e) chance
Auch Bonn setzt in Stand – Theaterleben 10/17
Wäre ein Neubau besser gewesen?
Das Kölner Bau-Desaster – Theaterleben 08/17
Offene Wunde
Oper Köln: Pressekonferenz zur Situation am Offenbachplatz – Bühne 07/17
Schwerer Stand
Bühne der Kulturen in Schwierigkeiten – Theaterleben 07/17
Das Meer in dir
„Aqua@Cycles“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 01/26
Im Hamsterrad des Grauens
„Der Gott des Gemetzels“ am Theater Bonn – Prolog 01/26
„Als säße man in einem flirrenden Zirkuszelt“
Regisseur Sergej Gößner über „Der fabelhafte Die“ am Comedia Theater – Premiere 01/26
Der Tanz der Krähe
„Die Ecke“ in der Alten Wursterei – Auftritt 01/26
Auszeit der Ewigkeit
„Pyrofems“ von Wehr51 im Studio Trafique – Auftritt 12/25
Praktisch plötzlich doof sein
Helge Schneider präsentiert seine neue Tour – Prolog 12/25
„Man spürt den Theatermenschen“
Dirigent Daniel Johannes Mayr über die Bonner Wiederentdeckung der Oper „Die Ameise“ – Premiere 12/25
So verwirrend wie das Leben
„Berlin Alexanderplatz“ am Schauspiel Köln – Prolog 11/25
Verlorene Jahre
„The Drop“ am Jungen Schauspiel in Düsseldorf – Prolog 11/25
Über zwei Ikonen
„Marlene Piaf“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 12/25
„Ein armes Schwein, aber auch ein Täter“
Regisseur Hans Dreher und Schauspielerin Laura Thomas über „Laios“ am Theater im Bauturm – Premiere 11/25
Von der Aufgabe des Denkens
Audiowalk „Jeder stirbt für sich allein“ in Köln – Auftritt 11/25
Gegen sich selbst antreten
„Fünf Minuten Stille“ am Kölner FWT – Theater am Rhein 10/25