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Ostermarsch im Westen

14. Juni 2010

Tagebuch 04/10

Könnte es sein, dass wir seinen 50. Geburtstag verschlafen? Seit 1960 laufen Menschen zum christlichen Auferstehungsfest von Duisburg nach Dortmund. Am Anfang liefen sie noch mit Faltenrock und Trenchcoat, später mit Latzhose und Fusselbart – eine säkulare Prozession. Und dieses Ostern? Nicht Schwerter zu Pflugscharen, sondern Buggys zu Rollatoren? Inzwischen sind die in den Sechzigern in Kinderwagen mitgeführten Kinder Großeltern und die in den Achtzigern in Kinderwagen mitgeführten Kinder Eltern geworden. Häme ist aber fehl am Platz. Denn der relative Frieden in Europa, den wir seit dem 8. Mai 1945 genießen dürfen, wird in diesen Tagen 65 Jahre alt und ist deshalb offensichtlich reif für die Rente. Immer mehr Soldaten kehren in Plastiksäcken verpackt heim vom Einsatz in Afghanistan. Der Bundestag debattiert über die Angemessenheit von Bom - bar dements. In der Schule erzählt der 8jährige Arian: „Mein Vater war Soldat im Krieg.“ Der Lehrer will ihm nicht glauben. Doch der Junge beharrt darauf: „Mein Vater kommt aus Bosnien.“ Vielleicht ist es gar nicht so töricht, dieses Ostern von Duisburg nach Dortmund zu pilgern.

Zwar nicht weltpolitisch, aber zumindest landespolitisch wird es in den nächsten Wochen in NRW zugehen. Es ist Wahlkampf. Doch statt uns nur an den Farbenspielereien der Feuilletons zu beteiligen, fragen wir nach der Perspektive des Ruhrgebiets für die nächste Legislaturperiode. So heißt das TRAILER-THEMA im April DER NEUE FÜNFJAHRESPLAN. Droht nach der Machtübernahme der rot-grünen Volksfront Verstaatlichung und Zerschla - gung der Industrie? Dass Öko sowohl -logisch wie auch -nomisch sein kann, beweist gerade ein Elektroauto, das im Ruhrgebiet jüngst das Licht der Welt erblickte. trailer berichtet staunend und zugegebenermaßen parteiisch- einseitig. Von zwei gänzlich unterschiedlichen Seiten zeigt sich hingegen HAJO SOMMERS. Im ÜBER TAGE-Interview gibt sich der Bademeister des EBERTBADES präsidial-fußballerisch, im Stück ABSEITSFALLE vom THEATER OBERHAUSEN majestätisch als König Lear. Ansonsten gibt es im RINGLOKSCHUPPEN in Mülheim die Hinrichtung eines Elektrohäschens zu begutachten, im SCHAUSPIEL DORTMUND Brechts BAAL als Jugendtheater mit jugendlichen Amateurspielern und in den FLOTTMANN-HALLEN zu Herne verbogene und verrenkte Freaks beim dortigen WITZFIGUREN-FESTIVAL. Und die Bildende Kunst? Bei KIT in Düssel dorf wird in der Ausstellung WRONG ein unförmiger weißer Klumpen gezeigt, aus dem ein Draht ragt. Titel des Werkes: Mein Gehirn. Ähnlich schräg sind die Verse des gebürtigen Hammers CHRISTOPH WENZEL in seinem Buch TAGEBRÜCHE, vorgestellt im Literaturportrait, und die Loops in den elektronischen Clubs der Region, zu lesen in Popkultur in NRW.

Das Kino zeigt wie so oft Geschichten zwischen den Geschlechtern. In CHLOE knistert Erotik zwischen einem Callgirl, einer Ärztin und einem Musikprofessor. VINCENT WILL MEER ist ein Roadmovie, ausgestattet mit einem unfreiwilligen Vielflucher und einer Wenigesserin.

Einen politisch, kulturell und botanisch bunten April wünscht Ihnen

Lutz Debus

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