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„Dracula“
Foto: B. Siewer

Ohne Biss

28. Mai 2015

„Dracula“ am Theater am Sachsenring – Theater am Rhein 06/15

Wo man hinzappt wird Blut gesaugt, im Fernsehen, auf der Kinoleinwand. Mal übertrieben blutrünstig, mal kunstvoll oder glitzernd blickt sie uns entgegen, die mediale Lebendigkeit der Untoten. Auf der Bühne im Theater am Sachsenring kann man Draculas Wiedergänger nun reduziert und ursprünglich betrachten. Dramaturgin Sabine Dissel hält sich in ihrer auf zwei Stunden abgespeckten Version des 400-seitigen Briefromans von Bram Stoker ziemlich genau an die Vorlage. Obwohl der über hundert Jahre alte Grusel-Stoff viele Anlässe für Kunstblut bietet, kommt dieser „Dracula“ ganz ohne aus. In der Regie von Theater-Intendant Joe Knipp gibt es nicht einmal Plastikgebisse – doch genau dieser Biss fehlt am Ende auch der Inszenierung.

Anfangs hockt der personifizierte Wahnsinn auf der Bühne. In Mumien-Leinenstoff, nach einer Fliege schnappend füllt Julian Baboj den Raum mit Phrenesie: Dazu braucht er nur einen Blick. Später wird der liebenswürdig-fragile Rechtsanwalt Harker (Signe Zurmühlen) dem Wahnsinn gerade noch mal von der Schippe springen, indem er aus dem Schloss flieht. Seine Verlobte Mina hingegen entkommt dem Reich der Untoten erst durch den Tod des Grafen. Ihrer Freundin Lucy ergeht es da schlechter – bei ihr hilft nur noch der Holzpflock. Knipp inszeniert vor schlichten schwarzen Wänden. Mit Hilfe cineastischer Blacks entwickelt sich eine gut getimte Spannung. Spätestens nach der Pause aber hat man das Gefühl, man sitzt in einem Horrorstreifen, aus dem die besten, weil blutigen Szenen rausgeschnitten wurden. Den Grafen selbst sehen wir nur zu Anfang – Felix von Franziskus gibt ihm einen bulgarischen Akzent und eine allzu aufgesetzte Hintergründigkeit. Die Rolle des freundlichen Irrenarztes Seward steht ihm besser. Am Ende ist Dracula einfach nicht totzukriegen. Trotz seiner Vernichtung scheint die Blutgier alle im Vampirjäger-Grüppchen um van Helsing erwischt zu haben. Nach dem Seriencharakter des Gruselgenres ist das ein schöner Kniff einer sonst sehr braven Inszenierung. Reduktion ist schön, aber bei trashigen Sujets fehl am Platz. Etwas Blut hätte helfen können.

„Dracula“ | R: Joe Knipp | Theater am Sachsenring | 5., 6., 11.-13., 18.-20.6. 20 Uhr | 0221 31 50 15

ROMY WEIMANN

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