‚Malerfürsten geben den Arm, Malerfürsten sind furchtbar stark, Malerfürsten weinen heimlich, malen niemals Quark.‘ So könnte man sich geschickt der Ausstellung über die Fürsten des heiligen Pinsels im ausgehenden 19. Jahrhundert in der Bonner Bundeskunsthalle nähern, doch wenn einem auch die Sujets reichlich antiquiert vorkommen, malen konnten die Burschen allemal. Und gelebt haben sie oft wie die Fürsten selbst. Ihre Ateliers glichen Ballsälen, alles darunter waren eben arme Schlucker, die vom einfachen Portraitieren lebten oder wenigstens als intellektueller, aber mittelloser Bohémien. Die glorreichen Sieben (Frederic Lord Leighton aus England, Hans Makart aus Wien, den Krakauer Jan Matejko, die Maler Franz von Lenbach, Franz von Stuck und Friedrich August von Kaulbach aus München, sowie der Ungar Mihály von Munkácsy, der die wohl mächtigsten Wandschinken beisteuerte) waren Teil der gehobenen Gesellschaft und sie haben das auch in grandioser Weise mit reichlich Ölfarbe dokumentiert. Und immer ist irgendwie alles duster. Im Wald von Colpach (Öl, 1886) ist das nicht anders. Mystifikation geht vor Naturalismus, obwohl die detailgenaue Darstellung von den Malern bis in die Nuller-Pinsel hinein bevorzugt wurde.
Und dann diese Rahmungen, doppelt und dreifach mit hohlem Stuck unter mattem Echtgold, kein Wunder, dass der übrig gebliebene, von der Revolution einhundert Jahre zuvor vergessene Adel sowas gern Seinesgleichen zeigte. Heute sind die Dandys der Jahrhundertwende ungerechtfertigterweise längst vergessen. Ihre Hochzeit war die Belle Epoche und noch ein paar Jahre danach, über ihr Wirken schweigt die Kunstgeschichte boshaft, hat selbst neue zeitgenössische Malerfürsten (als schnelle Beispiele: etwa wie Richter oder Lüpertz) kreiert, deren Selbstdarstellung und Einfluss bei den Eliten heute ähnlich funktioniert und deren Wert vom Markt ebenso überkandidelt aufgebauscht ist. Sieben Themen gliedern das mächtige Füllhorn in Bonn, geschicktes Licht lässt pralle Körper leuchten, am Ende fällt wie bei jedem der letzte Vorhang. Die Malerfürsten werden wie Popstars begraben, doch wir wissen, es hat nichts genutzt.
Malerfürsten | bis 27.1. | Bundeskunsthalle Bonn | 0228 917 12 00
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