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„Cesena“, Choreografie: Anne Teresa DeKeersmaeker
Foto: Michel Francois

„Kunst mit allen Mitteln“

27. September 2012

Der Tanz als Schrittmacher in den darstellenden Künsten – RuhrTanz 10/12

In nächtlicher Düsternis endete der Tanzabend „En Atendant“ der Gruppe ROSAS bei der RuhrTriennale in der Jahrhunderthalle Bochum – und fast nahtlos knüpft das Tanzstück „Cesena“ in frühmorgendlicher Dämmerung wieder daran an. Diffuses Licht und Dunkelheit gehört zum choreografischen Konzept der Belgierin Anne Teresa De Keersmaeker (52), die von einer übereifrigen Kritik trotz ihrer kontinuierlichen Choreografiearbeit derzeit wie der aus Asche aufsteigende Phönix gehandelt wird. Doch seit dem sogenannten Tanztanz der 1980er Jahre (z.B. „Rosas tanzt Rosas“) ist auch De Keersmaeker immer inhaltlicher geworden. Mit „Cesena“, das sich auf ein von Papst Clemens VII im Jahr 1377 angeordnetes Massaker bezieht, setzt De Keersmaeker allen politisch motivierten Massakern an der Zivilbevölkerung wie etwa im bosnischen Srebrenica (1995) ein feinfühlig einfühlendes Denkmal. Vielfüßig flüchtendes Getrampel in der Dunkelheit und ein vielstimmiger Vokalgesang wie ein Aufschrei kündet von tödlicher Gewalt, bei der die Choreografie jedoch nicht stehen bleibt, sondern ein tänzerisches Miteinander in der Trauer findet, die einen Neuanfang erst möglich macht. Die entrückte Atmosphäre des aufsteigenden Tages löste auch beim konzentrierten Publikum in der Jahrhunderthalle langsam wieder die Anspannung.

Nicht düster, sondern strahlend sieht man derzeit den Intendanten der RuhrTriennale 2012-2014, die gerade ihre erste Triennale-Saison beschließt. Das mag auch daran liegen, dass Heiner Goebbels gerade mit dem mit 330.000 Euro wohl höchstdotierten Theaterpreis der Welt, den norwegischen Ibsen-Preis, ausgezeichnet wurde. Mit einem völlig neuen, modernen Konzept sind Heiner Goebbels und sein Team bei dieser Triennale angetreten. trailer berichtete mehrfach darüber. Im Tanz spiegelte die RuhrTriennale das, was sich in den performativen Künsten allenthalben zeigt: Die Öffnung hin zu anderen Genres der Live Art (12 Rooms). Die spartenübergreifende Vermischung von Musik, Tanz, Theater, Video, Performance (Jan Lauwers & Needcompany). Die Schaffung neuer Formen durch die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern (Mathilde Monnier/Dominique Figarella). Die Eroberung neuer Räume und Zeiten (Anne Teresa De Keersmaeker). Die Arbeit mit Kids (Boris Charmatz), mit disabled persons (Jérome Bel), mit unserem alltäglichen Leben (Nature Theater of Oklahoma) und mit einem neuen Blick auf alte Tanzthemen (Laurent Chétouane). Doch welcher thematisch-inhaltlichen Linie folgten die Beiträge eigentlich? Benannt wurde sie nicht. „Zum Nachdenken“ über Bewegung, Musik und Tanz, über unsere Körper und die, deren Körper anders sind (disabled persons), sollten die Tanzstücke nach Heiner Goebbels anregen. Nur die hohe Qualität der eingeladenen Tanzstücke verhinderte, dass diese Vielfalt unterschiedlicher Ansätze als Beliebigkeit gesehen werden kann. Heiner Goebbels Maxime, die ohnehin immer weniger zu haltende Trennung zwischen der darstellenden und der zeitgenössischen bildenden Kunst in dieser ersten Triennale-Saison zu thematisieren, war Wagnis und Erfolgsgarantie zugleich.

Klaus Keil

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