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Abschiedsnotiz auf der Webseite des Underground
Foto: Jan Schliecker

Kultursensibel

31. August 2017

Zwischen Toiletten und Theatertod – Theaterleben 09/17

Jetzt also doch! Trotz Vermittlungsversuchen von Kulturverwaltung und Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat die Bühne der Kulturen in der Ehrenfelder Platenstraße im August ihre Pforten für immer geschlossen. Die Entwicklung hatte sich von langer Hand abgezeichnet, zu zerstritten wirkten der vermietende Keks e.V. und die Theaterleitung um den Regisseur Feramuz Sancar. Der Tod eines Theaters ist immer eine Katastrophe, weil es eigentlich nie gelungen ist, eine aufgelöste Institution so an anderer Stelle neu zu errichten. Als Mahnmal gilt hier die aufgelöste städtische Tanzkompanie unter Jochen Ulrich in den 90er Jahren.

Und: Die Abwicklung der Bühne der Kulturen passt sich leider ein in eine Entwicklung, die den gesamten Stadtteil Ehrenfeld im Moment erfasst. Ebenfalls im August gab es die schlechte Nachricht: Das Underground – unverzichtbare Konzert- & Kneipenlocation seit fast 30 Jahren – schließt am 15. September. Für Generationen von jungen Erwachsenen ist das Underground *die* zentrale Ausgeh-Anlaufstelle in Köln. Nicht nur kölschen Bands wie Brings diente dieser Kulturort als Sprungbrett für eine nachhaltige Karriere.

Schließlich scheint es auch Jack in the Box, welches viele Jahre auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes Ehrenfeld angesiedelt war, endgültig zu erwischen, da der Investor Aurelis Real Estate sich an getroffene Absprachen, nach denen die Kulturinitiative in ein großangelegtes Neubauprojekt auf selbigem Gelände integriert werden sollte, nicht gebunden fühlt. Über Facebook wandte sich der Jack in the Box e.V. kürzlich an die Öffentlichkeit und forderte: „Kampf für Kultur – Ehrenfeld retten.“

Mit dem Ende der Bühne der Kulturen, des Underground und von Jack in the Box samt dem Gelände des Güterbahnhofes, wo zahlreiche Ateliers, Proberäume und Werkstätten sowie Veranstaltungen wie Street Food Festivals, ökoRausch oder Nachtflohmärkte angesiedelt waren, steht die gesamte „Ehrenfelder Mischung“ auf dem Spiel. Die Kulturlandschaft Kölns droht im Ganzen dauerhaft schweren Schaden zu nehmen. Verrückt ist, dass der Investor Aurelis sein Neubauprojekt mit dem „Kulturstandort Ehrenfeld“ bewirbt. Kultur droht hier zur leeren Marketinghülse zu verkommen – eine Gefahr, die für Köln insgesamt zu beobachten ist.

Verrückt ist aber auch ein anderes Verständnis von Kultur, welches wir gerade in der Alten Feuerwache im Agnesviertel erleben: Hier werden im Zuge von Sanierungsarbeiten der Ausstellungshalle „kultursensible Toiletten“ gebaut, Plumpsklos für Muslime – jene „Stehklos“, welche Reisenden in arabischen Ländern, oft in zugesch... Form, bis heute in entlegenen Gebieten begegnen. Toiletten als Mittel der Integration, darauf muss man auch erst einmal kommen.

Zurück zur „echten“ Kultur: Am Schauspiel Köln startet die neue Spielzeit am 22./23. September mit zwei Premieren: Hausherr Stefan Bachmann inszeniert Ibsens „Peer Gynt“ und Hausregisseur Rafael Sanchez bringt „Frau Schmitz“ von Lukas Bärfuss zur deutschen Erstaufführung. Anders als bei der Bühne der Kulturen, kann die neue Spielzeit im Schauspiel Köln beginnen.

Jörg Fürst

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