Heinz Simon Keller erinnert sich, dass er gewarnt wurde, als er vor fünf Jahren überlegte, die Intendanz des Theater der Keller zu übernehmen. „Wie, du willst diesen Stall übernehmen“, hatten ihn die Freunde verständnislos gefragt. „Ich war naiv“, sagt er im Rückblick, erinnert aber sogleich daran, dass sich der Schuldenberg des Theaters in seiner Zeit deutlich verringerte und er das Team umbaute. „Der Keller“ ist halt eine Herausforderung. Mit 64 Jahren schaut Kölns ältestes Privattheater auf eine bewegte Vergangenheit. Von Marianne Jentgens ein Jahr nach der Gründung der gleichnamigen Schauspielschule ins Leben gerufen – an der unter anderen Jürgen Flimm, Heiner Lauterbach und Annette Frier lernten – gehörte der Keller mit Intendanten wie Wolfgang Trautwein, Christiane Bruhn oder Meinhard Zanger stets zu den Fixsternen der rheinischen Theaterszene. Immer gab es Probleme mit dem Geld und den Räumen. Im Stadtteil Lindenthal gegründet, zog man mit Hilfe der Mäzenatin Ilse Schwarzhaupt 1972 in die Kleingedankstraße am Volksgarten. Dort ist jetzt Schluss. Heinz Simon Keller verflucht noch einmal das Theaterhaus unter den mächtigen Platanen, um dann gleich von jenem Mysterium der Konzentration zu schwärmen, das sich dort trotz aller Widrigkeiten mit den beiden Bühnensälen herstellen ließ.
Die Tradition stand dem Hause mitunter auch im Wege, da man das in die Jahre gekommene Publikum nicht mit übermäßig experimentellen Produktionen konfrontieren mochte. Mit der Intendanz von Heinz Simon Keller hat sich das geändert – nun zieht der Keller neben den Älteren auch auffallend junge Besucher an. Wobei die Auslastung des Hauses bei über 80 Prozent lag. An manchen Abenden konnte man den Eindruck gewinnen, in der Kleingedankstraße habe ein Club eröffnet, so geballt standen die Publikumsgruppen vor dem Haus.
Interessant auch, dass andere Bühnen wie das Theater im Bauturm, die Orangerie des Volksgartens und die Comedia dem Keller-Ensemble für den Notfall ihre Häuser zur Verfügung stellen mochten. Nach Überlegungen, das Theater auf dem Ebertplatz zu installieren, die an den Entscheidungen der Stadt scheiterten, zieht man nun auf die andere Rheinseite. Die neu erworbene Halle der Tanzfaktur in Deutz macht es möglich. Heinz Simon Keller wird nicht müde, Slava Gepners generöse Freundlichkeit zu preisen. Möglicherweise profitieren ja beide Seiten von einem Interim, das zunächst auf ein Jahr angelegt ist. Das Theater könnte den Standort der Faktur beleben, die über die Tanzszene hinaus noch kaum etabliert ist, während die Keller-Truppe nun eine Industriehalle bespielen darf oder muss, denn aus einem Kabinett in ein Stadion umzuziehen, wird keine leichte Aufgabe werden. Ein großes Plus für die Besucher ist die tadellose Verkehrsanbindung der Faktur und die Tatsache, dass es kein Parkplatzproblem in Deutz gibt.
Zur neuen Situation passt die Überlegung mit „Fight Club“ ein Stück zu inszenieren, das Schauspieler und Tänzer in einem Ensemble zusammenführen könnte. Eröffnen will man aber am 26. September mit einer Produktion, die Motive aus Irmgard Keuns Roman „Gilgi – eine von uns“ dramatisiert. Spannend sollte sich die Zukunft des Theater der Keller auch über das Interim in Deutz hinaus gestalten, da man einen Umzug ins jetzige Kunsthaus Kat18 in der Südstadt anpeilt. Am dortigen Kartäuserwall – nur einen Steinwurf vom bisherigen Domizil entfernt – würde sich das Theater wieder im Herzen der Stadtgesellschaft und in unmittelbarer Nachbarschaft des Alten Pfandhauses, einer Heimstatt der Jazz-Musik, befinden. Möglicherweise wird das alte Theater dann noch jünger als es so schon ist.
Mehr zu dem Thema in der nächsten Ausgabe.
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