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„Sisters of Swing – Die Andrews Sisters“
Foto: Sebastian Hoppe

Horror und Swing

29. Oktober 2015

Von Menschenfleisch fressenden Pflanzen und swingenden Girls – Musical in NRW 11/15

Vom ersten Ton an passiert im Düsseldorfer Schauspielhaus das, was selten ist in jenen biografisch untermalten Nummer-Revuen über bekannte Gesang-Stars: Man ist sofort „drin“ in der Musik und der Zeit, in der sie entstand. Die Show erzählt das Leben der Andrews Sisters, dem ersten „Girl Group“-Phänomen der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Während ihrer von 1932 bis 1966 dauernden Karriere ersangen sie sich neun goldene Schallplatten.

Regisseur Dirk Diekmann hatte den richtigen Riecher, als er seine „Sisters“ mit singenden Schauspielerinnen statt mit schauspielernden Sängerinnen besetzte. Denn Klara Deutschmann, Katrin Hauptmann und Anna Kubin haben sich nicht nur phänomenal präzise den Sound der „Sisters of Swing“ antrainiert, sondern überzeugen auch in mal komischen, mal tragischen Szenen zwischen den Songs. Da erwecken sie die Zeit der Großen Depression, die Kriegsjahre, in denen sie an der Front Konzerte gaben, den politischen Aufbruch der 60er Jahre, aber auch ihre geschwisterlichen Probleme zu einem berührenden gesellschaftlichen Kaleidoskop. Ihre legendären Songs von „Bei mir biste scheen“ bis hin zu „Rum and Coca-Cola“ sind dabei organisch in die biografischen Plaudereien eingebunden. Genauso wie der sie begleitende Manager Lou, den Thiemo Schwarz als einen so gar nicht ins prüde Amerika passenden, schwuchteligen Conferencier geben muss. Während die Regie hier ein wenig auf die Bremse hätte treten können, hätte sie der Choreografin Chrystel Guillebeaud etwas mehr abfordern können. Unsere Sisters hätten auch das sicher mit Bravour bewältigt.

Auch am Theater Bonn spielen drei singende Girls eine wichtige Rolle: Sie soulen sich als „Erzähler“ durch den „Kleinen Horrorladen“, in dem Mr. Mushniks (Michael Schanze) Florist-Lehrling Seymour (Mathis Schlung) eine fleischfressende Pflanze züchtet, der er den Namen seiner angebeteten Kollegin Audrey (Bettina Mönch) gibt. Leider ist die mit einem sadistischen Zahnarzt (Hans-Werner Olm) liiert. So kommt es, wie es in einem Horror-Märchen kommen muß: Die Pflanze wächst und wächst, verlangt nach Menschenblut – und am Ende landen alle Akteure in ihrem gefräßigen Rachen. Kein Stoff für einen Musical-Abend mit der ganzen Familie, weshalb auch einige von unvernünftigen Eltern mitgeschleppte Kinder bei der Premiere weinend die Vorstellung verließen. Da kann man von Seiten der Verantwortlichen doch etwas mehr Fingerspitzengefühl erwarten, z.B. mit einem Hinweis an der Kasse: Für Kinder unter 12 Jahren nicht geeignet! Zumal Eric Petersens Inszenierung – kongenial unterstützt vom atmosphärisch dichten Bühnenbild Dirk Hofackers – mehr auf die düsteren als auf die ironisch-satirischen Elemente des Stücks setzt. So verschenkt er allerdings auch den Haupt-Gag: Er lässt die Stimme des Monsters in Persona (Dennis LeGree) auftreten, was die Pflanze zu einer langweiligen „Puppe“ degradiert. Schade, denn ansonsten geben alle ihr Bestes, um uns in wohliges Gruseln zu versetzen.

„Sisters of Swing – Die Andrews Sisters“ | 2., 16., 21., 28.11. 19.30 Uhr | Düsseldorfer Schauspielhaus | 0211 852 37 10

„Der kleine Horrorladen“ | Sa 14.11., Mi 16.12. 19.30 Uhr | Theater Bonn | 0228 77 80 08

Rolf-Ruediger Hamacher

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