Andrew Lloyd Webber hat sich mittlerweile zum erfolgreichsten Musical-Komponisten aller Zeiten entwickelt. Dass dieser Erfolg vor allem mit der geschickten Vermarktung seiner Werke zu tun hat, zeigt schon die Entstehungsgeschichte von „Evita“. 1976 als Konzeptalbum erschienen, entschloss sich Webber erst 1978 zu einer Musical-Version, die inzwischen zum Repertoire vieler Bühnen gehört und nun auch in Bonn die Saison eröffnete.
26. Juli 1952: In einem Kino in Buenos Aires erlebt der Student Che, wie plötzlich die Filmvorführung unterbrochen und der Tod Eva Perons verkündet wird. Bestürzt verlassen die Menschen das Kino, nur Che bleibt nachdenklich zurück. Webber führt uns nun in „Rückblenden“ durch das kurze Leben der1919 geborenen Eva Duarte: Mit 15 Jahren beginnt sie eine Affäre mit dem älteren Barsänger Magaldi (mit einschmeichelndem Timbre: Johannes Mertes) und geht mit ihm nach Buenos Aires. Dort schläft sie sich langsam nach oben, wird als Sängerin ein Radiostar. Als sie Juan Perón kennenlernt, verdrängt sie dessen Geliebte (Eva Löser), ebnet ihm den Weg zum Präsidenten. Mit ihren aufwendigen Sozialprogrammen machen sie sich aber nicht nur Freunde, zumal der „Peronismus“ immer diktatorischere Züge annimmt. Als Eva von einer „Goodwill-Tour“ aus Europa zurückkommt, erliegt sie ihrem Krebsleiden, wird seitdem wie eine „Heilige“ verehrt…
Regisseur Gil Mehmert, der sich sowohl mit aufwendigen Produktionen wie „Das Wunder von Bern“, wie auch mit innovativen Kammer-Musicals („Ein Mann geht durch die Wand“) einen Namen gemacht hat, kämpft diesmal allerdings mit einigen widrigen Umständen. Einerseits lässt die neue, für eine kleine Bigband geschriebene Instrumentierung die Klangfülle der durchkomponierten Pop-Oper nur noch erahnen. Zum anderen hatte er mit der Besetzung der Titelfigur kein glückliches Händchen. Für Bettina Mönch, die in (größeren) Nebenrollen als sextolle Sekretärin („The Producers“), als Prinzessin in „Shrek“ oder als naive Blumenverkäuferin in „Der kleine Horrorladen“ noch so überzeugend war, scheint die Rolle doch noch eine Nummer zu groß. Ihr fehlt einfach das Charisma, um diese charakterlich differenzierte Persönlichkeit auszufüllen. Zumal sie auch ihre Stimme mehr zum unverständlichen „Geschrei“, denn zum Gesang nutzt. Da wünscht man sich, dass Eva Löser diesen Part übernommen hätte, deren „Du nimmst den Koffer wieder in die Hand“ den gesanglichen Höhepunkt des Abends bildete. Genauso überzeugt David Jakobs als Che, obwohl ihn Mehmert vielleicht ein wenig zu brav inszeniert hat. Ihm und Perón (gediegen: Mark Weigel) gehen doch etwas die Ironie und der Zynismus des Originals ab. Der Opernchor fällt bisweilen in jene Bräsigkeit zurück, die ihm im vorigen Jahr bei „Anatevka“ die Regie noch ausgetrieben hatte. Auch Kati Farkas kann der – bei Webber meist sträflich vernachlässigten – Chorographie keine neuen Reize abgewinnen. So bleibt ein etwas zwiespältiger Eindruck zurück.
„Evita“ | R: Gil Mehmert | Fr 14.10., Sa 29.10. 19.30 Uhr | Theater Bonn | www.theater-bonn.de
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