Gleich zwei Gewinner wurden mit dem Dokumentarfilmpreis Ruhr beim 19. Blicke aus dem Ruhrgebiet-Festival am Sonntagabend ausgezeichnet. Wie schon im Vorjahr konnte sich die Jury nicht zu einem einzigen Gewinner des Hauptpreises durchringen, so überzeugend waren die Filme „Phoenix in der Asche“ von Jens Pfeifer und „Glück“ vom Dortmunder Regisseur Irfan Akcadag.
Der dramatisch-witzige Dokumentarfilm um die Profi-Basketballmannschaft Phoenix Hagen und ihren Kampf für eine neue Halle und den Klassenerhalt wurde von der Jury für seine unprätentiöse Machart gelobt. Regisseur Pfeifer gelang es, ohne Kommentare nah an der angespannten Situation um den Hagener Club zu bleiben. Momentan ist sein Film auch im Kino zu sehen.
Irfan Akcadags gelang mit seinem Dokumentarfilm „Glück“ die Verbindung zweier Begriffe, die sonst selten zueinander finden: Glück und Humanist. Beide sind zentral für seinen Vater, einem Imbissbesitzer, dessen Selbst- und Weltsicht über kurze Sätze aus dem Off an den Zuschauer getragen wird. Die Jury überzeugte die reduzierte filmische Ästhetik aus kurzen Off-Einspielern und Einstellungen, die dieses eindrucksvolle Portrait auszeichnen.
Erstmalig wurde der „Fiktionsfilmpreis Ruhr“ beim Blicke aus dem Ruhrgebiet-Festival verliehen. Levan Tsintsadze ist für seine kurze und poetische Geschichte über einen kleinen Protagonisten namens Georgi ausgezeichnet worden, der bei seinen Großeltern die Sommerferien verbringt. „Einige Fragmente über G.“ hinterfragt kritisch die Machtverhältnisse zwischen Erziehern und Kindern.
Jung und Alt-Konflikte treten auch in Kerstin Grambergs Animationsfilm „Nekropolis“ auf. Gute drei Minuten im turbokapitalistischen Rhythmus der modernen Ruhrstadt, zwischen Kommen und Gehen, Konstruktion und Dekonstruktion. Inhalt und Form reichten sich hier wohl gewollt die Hand, was von der Jury mit dem Experimental- und Kurzfilmpreis Ruhr geadelt wurde.
Mit Andrés Rump kam ein bekannter Regisseur zurück zum Blicke-Festival, und abermals preisgekrönt. In bester Abenteuerroman-Manier begab er sich nach Syrien und begleitete einen sufistischen Scheich und einen orientalisch-christlichen Mönch. Während die Welt mit Sorgen nach Damaskus blickt, appelliert Rump mit seinen Einstellungen, die sich mit ihrer Länge den regelmäßigen Glaubensritualen der Protagonisten anzupassen scheinen, dass es nicht religiöse Konflikte sein müssen, die die Menschen in Nordafrika trennen. Vielmehr kann hierüber auch ein Dialog stattfinden.
Im letzten Jahr war Rump noch mit „Suivre Flaubert“ Träger des trailer-Querdenkerpreises. Diesmal ging der Preis für atypische, skurrile und „ungeschliffen montierte“ Filme an die Hamburger Dorit Kiesewetter und Carsten Knoop für eine schlichte, aber originelle Idee. Sie geben die deutsche Nationalhymne in eine Internet-Übersetzungsmaschine ein. Was dabei an Tugenden und Tatkraft im algorithmischen Wortschlamassel herauskommt, leidet zwar an Sinn, lässt sich aber mit dem passenden Bildmaterial ins absurd-komische ziehen. Die Maschine macht hier das Rennen, folglich gaben sie ihrem fast dreiminütigen Werk den Namen „Das Translator“.
Der Publikumspreis ging in diesem Jahr an Lennart Selles „Rubber Soul“.
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