
One Battle After Another
USA 2025, Laufzeit: 162 Min., FSK 16
Regie: Paul Thomas Anderson
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Teyana Taylor, Sean Penn, Chase Infiniti, Regina Hall, Benicio Del Toro
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Großes, irrwitziges Actiondrama
Atme!
„One Battle After Another“ von Paul Thomas Anderson
Vor 16 Jahren war Bob (Leonardo DiCaprio) Bombenexperte bei der revolutionären Zelle „French 75“. Die professionell aufgestellten Widerständler kämpfen für Freiheit, gegen Grenzen, Kapitalismus und Abtreibungsverbot und befreien eingesperrte Immigranten. Bob war liiert mit seiner temperamentvollen Mitstreiterin Perfidia (Teyana Taylor), der Beziehung entsprang ein Kind: Willa. Heute lebt Bob mit Willa (Chase Infiniti) versteckt in einer Hütte im Wald. Die Jugendliche lernt Karate bei Sensei Segio (Benicio del Toro) und hat nicht viel übrig für ihren Vater, der inzwischen nach langer Drogenkarriere seine revolutionären Ambitionen verloren hat, unter Paranoia leidet und seine Tochter vernachlässigt. Dann klopft ICE-Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn) an die Tür: Der verbissene Staatsdiener hat noch eine Rechnung offen.
Grandios: Nachdem Darren Aronofsky einen Pulp-Krimi raushaut („Caught Stealing“), erweitert auch Paul Thomas Anderson („Magnolia“, „There Will Be Blood“, „The Master“) sein Œuvre, indem er sich einen Wunsch verwirklicht, den er sich schon vor zwanzig Jahren gesteckt hatte: einen Actionfilm mit einer weiblichen Revolutionärin zu drehen. Inspiration erhielt er auf dem langen Weg dahin zusätzlich durch Thomas Pynchons Roman „Vineland“ aus dem Jahr 1990, der in der Reagan-Ära angesiedelt ist. „One Battle After Another“ ist zeitlos gehalten, sehr unterhaltsam und in seinem gesellschaftspolitischen Kontext hochaktuell. Durch die Reihe weg erstklassig gecastet, folgt Anderson seinen Figuren durch Jagd, Flucht und Selbstfindung. Und natürlich ist das alles viel mehr als nur ein Actionfilm.
Warum? Nun, zum Beispiel, weil Anderson die Dinge vertieft und überall ambivalente Figuren schöpft: Für Perfidia scheint die Revolution vor allem (sexuell) stimulierend zu sein. Auch der Colonel hat in erotischer Hinsicht einige Baustellen, und überhaupt: ein Männlichkeitsproblem – Sean Penn agiert schlichtweg herausragend als aufgepumptes Streichholz mit zu engem T-Shirt und erhöhten Absätzen. Es ist zum Wegschreien komisch, wie er hier uniformiert und mit kümmerlich bemühtem drahtigen Gang vermeintliche Männlichkeit sucht, was darin gipfelt, dass er sich um die Mitgliedschaft in einer mächtigen, verschwörerischen, rechten Männergilde bewirbt. Der grausame Bösewicht Lockjaw ist immerzu auch Witzfigur. So wie wir alle möglichen grausamen Männer kennen aus der Politik, die am Ende Witzfiguren sind. Eine Witzfigur ist auch Bob, der Rebellentum und Ideale abgelegt hat, nach sechzehn Jahren auf einmal wieder ran muss und sich die Erinnerungen an essenzielle Codewörter weggekifft hat. Wie schon in „Licorice Pizza“ spart Anderson in seinem Actiondrama nicht an Komik, die hier in Slapstick, Irrwitz und Absurdität den Film durchzieht. Das Ding ist ein großer Spaß, selbst, wenn es mal blutig wird. Und die CGI-freie Action überzeugt auch: Hier ist nichts over the top. Die Action ist nicht einmal wirklich spektakulär, aber wenn es kracht, dann hart und geerdet.
„Atme“, empfiehlt Sensei wiederholt seinen Schützlingen. „One Battle After Another“ ist atemlos: Die 162 Minuten verfliegen nonstop temporeich, ohne dabei anzustrengen. Dafür sorgt nicht zuletzt die gelungene Montage (Andy Jurgensen). Dafür sorgt am Ende vor allem der Score von Jonny Greenwood. Das Mitglied von „Radiohead“ hat schon mehrere Werke Andersons musikalisch veredelt. Hier hält er allgegenwärtig mit nervös gezupfter Gitarre, verspielt gehetzter Klaviatur und großem Streichertusch dermaßen den Film am Leben, dass man meint, der Film selbst mache sich Senseis Rat zu eigen: Er atmet. Im Zusammenspiel mit dem Schnitt verleiht die Musik dem Werk geradezu etwas Organisches. Und wenn wir auf Andersons bisheriges Schaffen zurückblicken, dann ist doch genau das die Essenz seiner Filme: Sie atmen.

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