Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
4 5 6 7 8 9 10
11 12 13 14 15 16 17

12.577 Beiträge zu
3.805 Filmen im Forum

Friedlicher Wandel
Foto: Christopher Ludwig

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“

29. November 2018

Amnesty International und Kölle Global streiten für Mensch und Umwelt

Ein unbefriedigendes Szenario: Man wagt den mutigen Schritt, für seine Ideale zu kämpfen, doch dann kracht eine Woge an Hindernissen auf einen hernieder, auf die Demonstration folgt eine Anti-Demonstration mit Gewalt(-androhung), die Polizei schreitet ein oder bürokratische Mühlen mahlen zermürbend langsam. Aktuelles Beispiel: Umweltaktivisten setzen sich für den Erhalt des Hambacher Forsts und gegen Braunkohle ein. Polizeieinsätze und Anklagen folgen. Wie ist es erst, wenn es um Kriege geht?

Amnesty International setzt sich seit über 50 Jahren weltweit für Menschenrechte ein und lässt sich dennoch nicht unterkriegen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar lautet die Maxime bei Amnesty International sowie alle Menschen gleich zu behandeln“, so Guido Steinke, einer der drei Bezirksleiter der Gruppe Köln, der entspannt wirkt trotz der Härte des Themas. „Menschenrechte gehen jeden von uns etwas an. Kriegs- und Folteropfer ebenso wie die Person von nebenan. Wir sprechen dabei beinahe mit jedem. Außer mit der AfD.“ Für Amnesty, das parteilos und neutral agiert, ist es aber wichtig, nicht mit dem Finger auf eine einzige Person zu zeigen, so abscheulich auch ihre Taten sein mögen: „Wir kritisieren Worte und verurteilen Taten, nicht aber den Menschen selbst. Nicht Erdoğan alleine ist an allem Schuld. Stattdessen stellen wir das gesamte System in Frage,“ so Steinke, der sich, wie alle anderen im Kölner Bezirk, ehrenamtlich für Amnesty einsetzt.

Täglich stehen dabei Themen wie Krieg, Folter, Vergwaltigung oder sogenannte ethnische Säuberungen auf der Liste. Wie kann man es schaffen, angesichts dessen nicht aufzugeben? Wo liegt die Frustrationsgrenze? Guido Steinke:

„Bei uns muss man schon einen längeren Atem haben, weil wir tatsächlich Briefe schreiben. Der Briefwechsel und die Petitionen dauern, aber wir machen es dennoch gerne, weil das Ziel ein gutes ist. Eines, das uns alle eint: Menschlichkeit. Und es gibt ja auch schöne Ergebnisse, z.B. den Fall einer älteren Dame, die ihre Briefe tatsächlich mit der Hand schrieb. Sie hatte aber eine hohe Trefferquote. Während sämtliche Emails untergingen, wurden ihre Briefe irgendwo auf der Welt gelesen. Es gibt dennoch Hürden: Politik ist ein sehr zähes und skurriles Geschäft. Eine Hürde ist auch der natürliche menschliche Zweifel. Oft, wenn wir jemanden fragen, ob wir eine Unterschrift bekommen, fragt dieser: ‚Für was genau? Was unterschreibe ich da?‘ An eine Grenze bin ich persönlich mal gestoßen, als ich einen Film von Amnesty sah, in welchem eine Reihe Kinder am Straßenrand abgeknallt wurden. Da habe ich gedacht: Jetzt habe ich für eine Weile genug von dieser grausamen Welt gesehen und habe mich daraufhin eine Zeit lang nur auf die inneren Aufgaben besonnen, weil mir das zu diesem Zeitpunkt zu viel geworden ist.“

Kölle Global hingegen stellt seit zehn Jahren via konsumkritischen Stadtrundgängen auf innovative Weise das Verbraucherverhalten des Menschen in Frage und wirbt für eine nachhaltigere Welt. Diese Stadtrundgänge sind weniger touristisches Sightseeing, sonden führen interaktiv mit eingebauten Stolperfallen in Konsumtempel und an Orte, in denen uns die Schattenseiten der globalisierten Welt vor Augen geführt werden. Indem der Teilnehmer über Themen wie Textilindustrie, Handyproduktion, Nahrungsmittelverschwendung und Fleischkonsum stolpert, möchte die Initiative zum Nachdenken anregen und Menschenrechts- sowie Umweltverletzungen entlang von Produktionswegen aufzeigen.

Nora von Kölle Global, die bescheiden auf einen Nennung ihres Nachnamens verzichtet, sagt zu den Hürden, über die Mitarbeiter von Kölle Global stolpern:

„Leider bleiben viele Situationen unverändert und erschreckend, wie die Müllsituation in den Meeren oder der Metallabbau im globalen Süden. Diese Probleme erscheinen oft unerreich- und unveränderbar. Für uns ist es wichtig, dennoch nicht den Kopf in den Sand zu stecken und stattdessen in kleinen Schritten im eigenen Umfeld etwas zu verändern. Dies kann ein bewusster Wandel im persönlichen Verhalten oder auch nur das Weitertragen von Informationen sein. Wegen der vielen bürokratischen Hürden gehen wir genau deshalb den Weg über die Konsumentenmacht-Schiene. Manchmal ist auch Zeitmangel eine Hürde und dass wir nicht genug unterstützt werden, als dass wir all das schaffen könnten, was wir uns vorgenommen haben.“

Wie schafft man es, für etwas Gutes zu kämpfen und dabei nicht die Nerven zu verlieren? „Mit Spaß an der Sache und netten Leuten und dem Gefühl, auf großes Interesse bei den Teilnehmenden zu stoßen. Außerdem hat sich in Köln innerhalb der letzten Jahre sehr viel in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt,“ so Nora.

Bei aller Grausamkeit der Welt und Langatmigkeit des Dagegenhaltens sprechen sich beide, Amnesty International Köln und Kölle Global, nicht für gewaltsamen Widerstand aus; wie es einige Linke durchaus tun. „In meiner Freizeit gehe ich zum Karate, um bestimmte Dinge zu verarbeiten. Aber alle Anliegen von Amnesty International sollen natürlich gewaltfrei durchgesetzt werden. Das ist schließlich unser Ziel: eine gewaltfreie Welt. Mittels Worten und nicht mit Waffen. Wir prüfen sogar vorher, ob die Menschen, für die wir uns einsetzen, in ihrer Vergangenheit Gewaltdelikte begangen haben,“ so Steinke von Amnesty International Köln.

Kölle Global und Amnesty International Köln beweisen, dass man trotz Frustration und Widerständen nicht aufgeben und an seinen friedlichen Zielen festhalten kann.

Amnesty International Köln: www.amnesty-koeln.de/

Kölle Global: www.koelleglobal.de/


Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema

Aktiv im Thema

olev.de | Der Kölner Professor a.D. für Public Management hat auf diesem Online-Verwaltungslexikon allerlei Wissenswertes über Bürokratie zusammengetragen.
digitaler-staat.org | Im April 2019 findet der gleichnamige Fachkongress in Berlin statt. Die Webseite informiert über Programm und Ausrichtung.
verwaltung-innovativ.de | Um den demografischen und technologischen Wandel als Chance zu nutzen, muss auch die Verwaltung innovativer werden, diese Seite der Bundesregierung sammelt dazu Informationen.

Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de.

Rebecca Ramlow

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Alter weißer Mann

Lesen Sie dazu auch:

Für mehr Unabhängigkeit
Neues Selbstbestimmungsgesetz – Spezial 07/22

Rollende Steine
Intro – Wort oder Waffe

„Utopie der Regeln“
Die Macht, die aus den Stempeln kommt

„Ohne Utopien können wir nicht leben“
Psychotherapeut Christian Kohlross über Bürokratie und die Psyche der Gesellschaft

Wenn Worte vergewaltigen
Macht und Ohnmacht der Jugendsprache

Sklaverei im 21. Jahrhundert
„A Woman Captured“ im Odeon – Foyer 10/18

Um die Freiheit des einzelnen Menschen
Premiere von „Pawlenski“ im Filmforum NRW – Foyer 03/17

Der Beginn eines anderen Lebens
Die Fotoausstellung „Menschen auf der Flucht“ der Michael Horbach Stiftung – Kunst 02/17

Ein Leben für die Menschenrechte
Buchvorstellung „Unbedingt Blau“ von Adnan Keskin an der Bühne der Kulturen – Literatur 01/17

Überholtes Frauen- und Männerbild
Emel Zeynelabidin am 19.4. im „Erzählcafé“ im Haus der Geschichte in Bonn

Tod im Boot
„Yoole“ in der Filmpalette – Foyer 04/15

Innenansicht von Syrien
Das arte-KHM Preview: „Aus meinem syrischen Zimmer“ – Foyer 01/15

choices Thema.

Hier erscheint die Aufforderung!