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Schön und begehrt für Lithium und Kalium: Die weltgrößte Salzpfanne in Bolivien
Foto: sara_winter / Adobe Stock

Der Kampf um das neue Öl

25. November 2020

Lithium entwickelt sich zum wichtigsten Rohstoff der Zukunft – mit verheerenden Folgen – Teil 2: Leitartikel

Smartphones, Laptops, Elektroautos: Die Schüsselprodukte der Zukunft emanzipieren sich von fossilen Energieträgern und sollen dafür sorgen, dass Klimaziele noch einigermaßen erreichbar bleiben. In der Automobilbranche setzt man daher auf Elektroautos. Nachdem gerade die deutsche Branche lang hinterherhing, wird das Elektroauto mittlerweile aggressiv als grüne Zukunftslösung vermarktet. Dabei erhält die Branche tatkräftige Unterstützung der Bundesregierung, die Elektromobilität bezuschusst, wo es geht. In der Coronakrise gab es etwa Kaufprämien. Zwischen Juni und September hat sich der Marktanteil der Stromer am Autoabsatz mehr als verdoppelt. Die Strategie scheint aufzugehen.

Eine scheinbar ökologische Lösung und ein gutes Geschäft. Tatsächlich ist der Run auf Elektroautos auf den ersten Blick zu begrüßen. Die letzten Studien sprechen eine deutliche Sprache: Trotz großer Emissionsproduktion bei der Herstellung haben Elektroautos langfristig eine wesentlich bessere CO2-Bilanz als ihre benzinbetriebenen Schwestern. Der Teufel steckt im Detail. Elektroautos bieten das Versprechen, sich vom klimakillenden Rohstoff Öl zu emanzipieren. Gleichzeitig macht sich die Branche aber von einem neuen Rohstoff abhängig: Lithium. Fast alle Elektroautos werden mit Lithium-Ionen-Batterien betrieben. Wie kein anderes Leichtmetall verspricht Lithium eine hohe Energiedichte bei niedrigem Gewicht. Dementsprechend gefragt ist der Rohstoff. Im Durchschnitt steigt die Nachfrage seit 2000 pro Jahr um 20 Prozent. Die größten Automobilkonzerne und Batteriehersteller reißen sich um die verfügbaren Ressourcen und treiben damit nicht nur den Preis hoch, sondern auch die Notwendigkeit, immer neue Lithium-Vorkommen auszubeuten.

Für den Umweltschutz wird die Umwelt zerstört

Gewonnen wird Lithium vor allem in Bergwerken in Australien und Salzseeregionen in Südamerika. Aber gerade dort, im sogenannten Lithium-Dreieck Chile-Bolivien-Argentinien, richtet die Förderung von Lithium verheerende Schäden an den Öko- und Sozialsystemen an. Die Lithiumgewinnung verbraucht Unmengen an Grundwasser. Den ohnehin schon grundwasserarmen Regionen wird so der letzte Rest ihrer Lebensgrundlage geraubt. Betroffen davon sind nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch viele der Ureinwohner, die hauptsächlich von Landwirtschaft und Lamazucht leben. Um dem Westen grüne Alternativen zum benzinbetriebenen Auto zu präsentieren, wird das am anderen Ende der Welt mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren erkauft. Für den Umweltschutz wird Umwelt zerstört.

Den Automobilkonzernen ist das bewusst. Schon lange wird an Recyclingmethoden für Lithium gearbeitet. Aber bis die Verfahren effizient und ökonomisch genug sind, wird noch viel Zeit vergehen. Zeit, die weder die Menschen in Südamerika haben, noch die Menschheit überhaupt, die sich im Angesicht der Klimakrise unangenehme Fragen stellen muss. Im Kampf gegen den Klimawandel wurde lange auf die Innovationskräfte des Kapitalismus gesetzt. Findige Ingenieure, Wissenschaftler und Unternehmer, so die Annahme, werden in Windeseile neue grüne Technologien entwickeln. Die Widersprüche in der Elektromobilität zeigen: Diese Erzählung wird immer brüchiger. Zum einen, weil wir einfach keine Zeit mehr haben, auf die findigen grünen Technologien zu warten. Zum anderen, weil der auf Wachstum gepolte Kapitalismus immer neue soziale und ökologische Verwerfungen hervorbringt. Vielleicht ist es Zeit, nicht nur über alternative Autos nachzudenken, sondern über alternative Wirtschaftssysteme.


Unfreier Handel - Aktiv im Thema

fraunhofer.de/de/forschung/fraunhofer-initiativen/fraunhofer-leitprojekte/fraunhofer-seltene-erden.html | Das Fraunhofer Institut beschreibt ein Projekt zur Verringerung des Bedarfs an Seltenen Erden und zur Suche nach Ersatzstoffen.
pan-germany.org | Das Pestizid Aktions-Netzwerk informiert über die gravierenden Folgen von Pestizid-Einsatz und wirbt für sozial und ökologisch vertretbare Alternativen.
ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_1542 | Die EU-Kommission informiert über Ihren Aktionsplan zu kritischen Rohstoffen.

 

Florian Holler

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