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Legt die Theorie vom feinen Menschen vor: Claus von Wagner
Foto: Simon Büttner

Comedians ticken nicht sauber

27. Februar 2014

Deutschmann und von Wagner belegen das Gegenteil – Komikzentrum 03/14

Wir haben es ja schon immer geahnt: Comedians haben einen an der Waffel. Da kommt die Studie der University of Oxford wie gerufen. 523 Spaßvögel haben an einer Fragebogen-Aktion via Internet teilgenommen, die jetzt im British Journal of Psychiatry veröffentlicht wurde. Herausgekommen ist eine auffällige Ähnlichkeit zwischen Menschen mit bipolaren Störungen und Humorarbeitern. Demnach benötigt Kreativität bei beiden Gruppen vergleichbare geistige Merkmale: Um die Ecke Denken, scheinbar nicht Zusammengehörendes unter einen Hut zu bringen. Anders übrigens als Schauspieler, die ebenfalls befragt wurden und keinerlei schizophrene Züge aufwiesen.

Professor Gordon Glaridge gibt zwar zu bedenken, dass psychotische Persönlichkeiten zu Humoristen diametral entgegengesetzte Charakteristika aufweisen. Speziell für den Stand-Upper könnte der Job allerdings eine Möglichkeit sein, emotionale Probleme zu bewältigen. Was lernen wir daraus? Man muss schon einigermaßen verpeilt sein, wenn man sich vor eine Meute stellt, um diese zum Lachen zu bringen. Das gilt natürlich auch für andere Berufsbilder. Wer keine Vorstellungskraft besitzt, sollte die Finger besser vom Pinsel lassen und keine Geschichten erzählen wollen. Zum Beispiel.

Bereits Hanns Dieter Hüsch hat darauf hingewiesen, dass die Welt balla balla ist und die Menschen auf die hinrissigsten Ideen kommen, wohlgemerkt zu Zeiten, als es noch keine NSA, kein Dschunglcamp und kein Facebook gab. Man muss wirklich nicht lange suchen, um auf seltsame Zeitgenossen zu treffen. Und ja, die vornehmste Aufgabe des Comdian besteht darin, auf eben diese Absonderlichkeiten hinzuweisen. Matthias Deutschmann ist nicht durchgeknallt, sondern ein genauer Beobachter der kuriosen bis abstrusen Verhältnisse, in denen es sich viele Menschen bequem gemacht haben. Wer sich davon überzeugen möchte und außerdem satirisch überhöhte Analysen liebt: Am 8. März gastiert Deutschmann in der Comedia.

Ein paar Tage später – nämlich am 15. – steht Claus von Wagner mit seiner „Theorie der feinen Menschen“ auf derselben Bühne. Der neue Gastgeber der „Anstalt“ im ZDF geht in seinem Programm davon aus, 13 Stunden im Tresor einer Bank eingeschlossen zu sein. Genauer: neben dem Schließfach seines Vaters Dieter Neumann, ein just verblichener Wirtschaftsprüfer. Eben deswegen muss er eine Rede vorbereiten. Über Finanzmärkte – eine Welt, die ihm bislang mindestens so fremd war wie sein Erzeuger. Der bewegte sich zu Lebzeiten in einem Paralleluniversum aus Negativwachstum und Bruttoinlandsprodukt. Was das ist, kann Wagner haarscharf erklären – am Beispiel eines Putzmannes.

Zwischendurch schweift er ab in nostalgische Gefilde, in Zeiten, als es noch Telefone mit Wählscheiben und so etwas wie Langeweile gab. Zwischen seine Ausführungen über Abzocke und ausgeraubte Kleinanleger mischt er originelle Fragerunden: Wer kennt die Steigerungsform von Hohn? Klar, Hoeneß natürlich. Und er erzählt das Märchen von der Gans, das gar nicht gut ausgeht. Also für die Gans. Das hat alles Hand und Fuß, ist gut recherchiert und mit Verve unters Volk gebracht.

Am selben Abend im roten Saal der Comedia steht Gardi Hutter als „Die Schneiderin“ auf der Bühne. Seit 30 Jahren ist die Schweizer Clownin eine der wenigen großartigen Künstlerinnen ihres Fachs. Man lacht über sie in Brasilien und China, in Russland und Deutschland. Mit ihren weltweit ankommenden Figuren geht sie ans Eingemachte: Diesmal hat sie eine Schere im Kopf, die ihrem Leben ein Ende zu setzen droht. Aber sie hieße nicht Hanna, wenn sie es nicht schaffen würde, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Dabei ist ihre perfekt choreographierte Show um die Tragödie namens Leben wie immer zum totlachen. Und noch etwas möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: am 20. März gastiert Jochen Malmsheimer auf der Eltzhof-Bühne in Köln-Wahn: Es wird ein Abend, an dem Sie begreifen werden, was sprechen bedeutet – verspricht hoch und heilig die Ihnen stets ergebene

ANNE NÜME

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