Er hat das Ballett revolutioniert und vom Ballast des Gleichschritts befreit. Statt der immer gleichen Bewegung zu frönen, hat er dem Ballett Beine gemacht und brachte politisch brisante Themen auf die Bühne. Die Rede ist von Johan Kresnik, der 1968 in Köln mit „Paradies?“, einem Stück über Rudi Dutschke und die Studentenrevolte, seine erste politische Choreografie auf die Tanzbühne gebracht hat. In Köln stand damit – historisch betrachtet – die Wiege des politischen Tanztheaters. Die Uraufführung war ein Riesenerfolg, doch das Stück wurde sofort vom Spielplan genommen.
Auch darin blieb sich 1968 das heute als weltoffene Stadt gefeierte Köln treu. Bereits 1926 war die Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ von Béla Bartók wegen „unmoralischer Handlung“ nach der Premiere verboten worden. Heute, im Jahr 2012, steht in Köln nicht ein einzelnes Tanzstück auf der Kippe, sondern der Tanz insgesamt. Da wird nichts verboten oder abgesetzt, doch die finanziellen Daumenschrauben werden wieder einmal angezogen. Das kommt indirekt einer Spielplan-Absetzung gleich. Vom Tanz geblieben ist nur noch eine Gastspielreihe, die zwar immer ausverkauft ist, aber weiter reduziert werden soll.
Ballett kann kämpfen. Mit dieser Parole ging Johan Kresnik einst gegen Ignoranz und Kleingeistigkeit an. Ein bisschen von diesem Kampfgeist ist jetzt nach Köln zurückgekehrt. Ballett kann kämpfen. Schließlich geht es um seine Existenz. Und das Kölner Publikum kämpft diesmal mit. Die erste „Kampf“-Abstimmung fand kürzlich im Opernhaus statt. Das Publikum hatte sich zum Protest erhoben und minutenlang donnernd applaudiert. Noch galt der Applaus nicht dem Ballet de Monte-Carlo und seiner Version von „Romeo und Julia“, sondern der Protestnote gegen die Mittel-Kürzung und für den Erhalt der Gastspiele, die der Vorsitzende des Kunstsalon Köln, Dr. Peter Bach, verlesen hatte. Jetzt begehrt die gebeutelte Sparte Tanz endlich auf. Nachdem der Etat von Schauspiel und Oper nur um je 1,3 Prozent gekürzt werden soll, wird der Tanz gleich mit 30 Prozent zur Kasse gebeten, denn er soll von seinem bescheidenen 1-Million-Euro-Etat ganze 300.000 Euro abgeben. Das ist nicht nur unverhältnismäßig, das ist dreist. Die schwächste Sparte wird am stärksten belastet.
Ballett kann kämpfen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Das NRW Landesbüro Tanz, der Verein tanZKoeln sowie die tanzsociety des Kunstsalon Köln haben nun die Notbremse gezogen und eine Petition auf den Weg gebracht, die ein vehementes Veto gegen diese Kürzungen einlegt. Rund tausend Besucher von Tanzaufführungen haben bereits unterschrieben. Aber auch jeder Bürger kann die Petition unterzeichnen: www.petitiononline.de/petition/fuer-den-erhalt-und-ausbau-von-tanz-in-koeln/970. Mittlerweile wird auch Protest gegen die Verwendung der 2010 eingeführten Kulturförderabgabe, der sogenannten „Bettensteuer“ laut, deren Mittel im allgemeinen Haushalt versanden, ohne gezielt zur Kulturförderung eingesetzt zu werden. Wie heißt es in der Petition: „Es ist an der Zeit, eine gesamtökonomische Sicht zu entwickeln, die die Parameter von nachhaltigen Erträgen für eine Gesellschaft neu definiert.“
www.tanzwebkoeln.de I www.lb-tanz.de I www.kunstsalon.de
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