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Philippe Halsman, Salvador Dalí mit Rhinozeros, 1956, Fotografie, Privatsammlung, © Courtesy Heinz Joachim Kummer-Stiftung Köln
Foto: Jürgen Vogel für das Max Ernst Museum Brühl des LVR

Der Zauberfrosch hat Durchblick

13. Januar 2022

„Surreale Tierwesen“ im Max Ernst Museum des LVR – Kunstwandel 01/22

Ich gehe mal verstärkt davon aus, dass sich alle, wirklich alle, die sich eine Weihnachtsgurke in den Tannenbaum gehängt haben, auch für surreale Tierwesen interessieren. Dann dürfte der Weg ins Max Ernst Museum des LVR in Brühl ja zu einem Pflichtparcours nach den Feiertagen gehören, denn diese Ausstellung mit Marcel Duchamps dreckiger Ecke („Coin Sale“-Installation, 1960) oder aber auch dem Bierglas-Eichhorn von Meret Oppenheim ist in ihrer artifiziellen Monstrosität jede Reise wert.

Rund 140 Werke von 74 internationalen Künstlerinnen und Künstlern laden zu einem ungewöhnlichen Zoobesuch im Museum ein, der eine Zeitspanne zwischen den frühen 1920ern bis zur Jahrtausendwende umfasst. Zu sehen sind Meisterwerke, skurrile „Entgleisungen“ und fantasievolle Deformationen zwischen Mensch, tierischen Lebewesen und allem dazwischen. Surreales trifft auf Art Brut, Lyrik auf Film und Objekt. Gleich zu Beginn eine typisch „leere“ Fläche von Yves Tanguy mit der Ahnung eines angedeuteten „Erdhörnchens“ weit im Hintergrund (o.T., 1926). Direkt gegenüber ist es konkreter: die kleine barbusige „Sphinx“ von Léonor Fini (Öl auf Leinwand, 1950) – so richtig löwenhaft sieht die Fabelfigur nicht aus, erinnert sie doch mehr an eine Hauskatze. Aber harmlos ist nicht alles. Da steht auf einem Podest „Le bouledogue de Maldoror“ des Kanadiers Jean Benoit – zuerst gezeigt 1965 auf der letzten von André Breton selbst organisierten internationalen Surrealisten-Ausstellung „Die absolute Abweichung“. Die Bulldogge des Maldoror (Holz, Leder, Siegelglas, Flaschenglas, Metall, 1965) entspringt einer bösen Geschichte des Comte de Lautréamont und sieht mit ihren Glassplittern auf dem Rücken ziemlich martialisch aus.

Auf den Boden der Fröhlichkeit bringt den Besucher sofort Schröder-Sonnensterns „Zauberfrosch“ (Farbstifte auf Karton, 1955), denn der hat Durchblick, wie der Outsider-Star im Titel erklärt. Durchblick hat man auch in die Evokation der Duchamp-Toilettenvorraum-Installation. In grünem Licht sitzen da hinter einem Hasengitter ausgestopfte Hühner (in den 1960ern waren die noch lebendig) auf Stange und Waschbecken. Wenn das allein nicht schon reicht, kaufen Sie den großartigen Schlangenhaut-Katalog.

Surreale Tierwesen | bis 6.2.22 | Max Ernst Museum des LVR, Brühl | 02232 579 31 24

Peter Ortmann

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