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Robert Wilson, Ausstellungsansicht
© Robert Wilson, Max Ernst Museum des LVR in Brühl / Lucie Jansch

Mann aus Texas

28. Juni 2018

Robert Wilson inszeniert seine Sammlung im Max Ernst Museum des LVR – kunst & gut 07/18

Bei Robert Wilson wirkt alles ganz einfach. Er schafft elementare Ausgangssituationen, die, zumal in ihrer Ausleuchtung, doch etwas Geheimnisvolles tragen. Alles liegt klar vor Augen und bleibt zeichenhaft, als Verweis auf weiteres. Konzentriert sowieso. Man hält den Atem an und nimmt doch lächelnd wahr: Schließlich finden sich allenthalben poetische Feinheiten, die wieder alles anders aussehen lassen. Robert Wilson, der 1941 geborene Texaner, ist nicht „einfach“ (weltberühmter) Theaterregisseur und Bühnenbildner. Er spielt auch selbst in seinen Inszenierungen mit, er schreibt Stücke und ist in alldem und darüber hinaus Künstler. Er hat äußerst reduzierte Zeichnungen teils unter Hinzufügung von Schrift angefertigt und dichte Radierungen produziert, die mit den Mitteln der Linie und des Schwarz-Weiß einen Raum und Licht beschreiben. Er entwickelt raumbezogene Installationen, etwa auf der Grundlage von Literatur, und er hat zudem Videos geschaffen, die – wie alles andere – schon seit langem in Museen gezeigt werden.

Im Max Ernst Museum nun führt Robert Wilson alles zu einer assoziativ geschlossenen Einheit zusammen, die sozusagen in die Trickkiste seiner Regiekunst blicken lässt. Ausgangspunkt der Ausstellung ist sein Faible für den Surrealismus und im besonderen für Max Ernst, und das Spielmaterial ist seine eigene Sammlung ethnologischer Objekte, angewandter Kulturgüter und ritueller Zeugnisse sowie von freier Kunst, auch Schriftstücken und dokumentarischen Fotografien: insgesamt eine Wunderkammer zu Glauben, Handwerk, Fantasie und Intellekt der Menschheitsgeschichte, zusammengehalten durch den subjektiven, aber trainierten Blick und die Neugierde von Robert Wilson.

Aus seiner Sammlung, die sich in seiner kreativen Wirkungsstätte, dem Watermill Center auf Long Island und in seiner Wohnung in New York befindet, hat Wilson nun rund 400 Exponate von 200 n.Chr. bis heute ausgewählt, darunter Statuen, Masken, fremde und eigene Kunst, und er hat zudem Federschmuck entliehen – das Gesamtkonzept behält er bei der Vielzahl der Exponate, ihren Verweisen und Inszenierungen und den verschiedenen Passagen der Ausstellung im Auge. Er arbeitet mit Typologien und Assoziationen, er stellt bzw. hängt die Objekte zu verdichteten Feldern zusammen und flechtet immer wieder spezifische Momente des Surrealismus ein, etwa das überraschende Nebeneinander unterschiedlicher Elemente. Oder Sujets wie den Vogel, auf den ja auch Max Ernst immer wieder zurückgekommen ist. Schon vor einem Vierteljahrhundert hat Wilson den Möwen aus Nils Holgersons wundersamer Reise eine Installation gewidmet. Aber bereits 1971, so berichtet Achim Sommer vom Max Ernst Museum, wurde Wilson nach der Aufführung seines Stückes „Deafman Glance“ in Paris vom Schriftsteller Louis Aragon als legitimer Nachfolger der Surrealisten gepriesen.

Den Surrealismus kennzeichnet aber auch die Fähigkeit, spielerisch zu staunen und nicht in allem sofort einen Sinn zu suchen. Der Unterschied zwischen seiner Heimat Texas und Deutschland sei, dass dort gefragt werde: Was ist das, und nicht: Was bedeutet das, sagte Robert Wilson bei der Lecture-Performance, die er dem Pressegespräch überstülpte. Seine Ausstellung in Brühl ist, ausgehend von der Zusammengehörigkeit der Exponate, in einzelne Stationen gegliedert, die in der Beleuchtung, im Forcieren des Betrachterblickes und der Wirkmacht als Erinnerungsbilder, die etwas Archetypisches besitzen, den Betrachter auf sich und sein Unterbewusstsein zurückverweisen. Wilson provoziert Nähe und rückt auf Abstand. Er stellt, von oben beleuchtet, ein Paar Schuhe mitten in den Durchgang und hängt einen Rahmen ohne Gemälde an die Wand. Einmal liegt der Reiz in der Fülle und dann wieder macht der Verzicht das Geheimnis aus. Und im Nachdenken über die Kombinatorik des Disparaten, die Direktheit der Konfrontation, das Wiederkehrende der Motive und ihre Variation könnte man schließlich dort landen, wo für Robert Wilson die Reise dieser Ausstellung begonnen hat: bei Max Ernst.

Robert Wilson – The Hat Makes The Man | bis 26.8. | Max Ernst Museum des LVR in Brühl | 02232 579 30

Thomas Hirsch

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