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Foto: Studio Pramudiya

Die ultimative Freiheit: Tod

21. Oktober 2024

„Save the Planet – Kill Yourself“ in der Außenspielstätte der TanzFaktur – Theater am Rhein 10/24

Der erste Ansatz zur Konfliktüberwindung auf einer Fläche „E“ besteht in der Subtraktion des Flächennutzers/der Flächennutzerin „M“. Multipliziert mit 9.000.000.000 ergibt dies die vielleicht einzige realistische Gleichung für „F“. Um Erde, Mensch und Frieden dreht sich das Stück „Save the Planet – Kill Yourself – Kirche der Selbstauslöschung“, einer Koproduktion von Analog Theater und Studiobühne. Die Philosophie des sogenannten „Antinatalismus“, der zum Stopp der Fortpflanzung animieren möchte, wird dabei als These für die Weltrettung verlautbart. „Save the planet …“ beerdigt nicht nur die Konventionen der Bühne, sondern den Menschen darauf direkt mit.

Die Ausdehnung des Spiels in den Zuschauerraum ist freilich nicht neu. Eine gemeinsame, ekstatische Prozession über 70 Minuten hinweg bis ins frisch ausgehobene Grab ist an Immersion jedoch kaum zu toppen. Unter den hypnotischen Gesängen des Analog-Schuld-und-Sühne-Chors, begleitet von Kirchenglocken und wildem Gelächter lässt das Ich entseelt vom unbedingten Willen zum Sein ab. Das Nichtsein als ultimative Form von Freiheit wird in der Außenspielstätte der TanzFaktur als finale Messe und enthemmte Party zelebriert. Gläubigkeit oder Ungläubigkeit sind hier keine Optionen. Alle Masken werden abgeworfen. „Menschheit. Abschaffen. Jetzt!“ wird zum Mantra, dem sich der faszinierte Verstand kaum zu entziehen vermag. Zu groß der Ekel vor den humanen Errungenschaften, zu verführerisch die Vorfreude auf den einvernehmlichen Schuldspruch mit unmittelbarem Urteilsvollzug.

Regisseur Daniel Schüßler und seinem vielköpfigen Ensemble gelingt dabei ein Kunststück: Dieser wohldosierte Rausch am Untergang macht glücklich. Auf einem Bettlaken aus frischer Erde kühlen Leid, Hass, Neid und Geilheit ab, verliert das wund gemästete Fleisch um den eingepferchten Geist mit jeder Schaufel Humus an Bedeutung. Aus dem schlecht riechenden, zeternden Munde erwachsen blaue Blumen. Endlich Stille. Lächelnde Gesichter überall. Eines jener Stücke, die man vor dem Tod gesehen haben sollte.
     
Save the Planet – Kill Yourself – Kirche der Selbstauslöschung | 22.-25.1. 20 Uhr, 26.1. 18 Uhr | TanzFaktur, Außenspielstätte im Technologiepark Köln-Müngersdorf | studiobuehnekoeln.de

Thomas Dahl

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