Dienstag, 29. April: Die Dreharbeiten des Films „Die Erfindung der Liebe“, die im Juli 2011 auch in Nordrhein-Westfalen stattfanden, waren seinerzeit von der größtmöglichen Katastrophe überschattet, die sich ein Filmemacher ausmalen kann: Nach 23 von 35 geplanten Drehtagen erhielten Produzent Herbert Schwering von COIN Film und Regisseurin Lola Randl die erschütternde Nachricht, dass ihre erst 26 Jahre alte Hauptdarstellerin Maria Kwiatkowsky nach einem drehfreien Wochenende in ihrer Berliner Wohnung tot aufgefunden wurde. Nach dem ersten Schock wurde schließlich nach einem Weg gesucht, den Film doch noch zu komplettieren, was den Beteiligten auf beeindruckende Art gelungen ist, wovon man sich nun bei der Premiere im Odeon-Kino überzeugen konnte. „Monate später, als Maria schon begraben war, wurde mir klar, dass ich sie im Film lassen möchte. Ich nahm den halbfertigen Film als Ausgangsmaterial, und habe über ihn eine zweite und dritte Ebene gebaut, um ihn dadurch zu einem neuen Film werden zu lassen“, erläuterte Randl auf dem Roten Teppich. Für die Filmemacherin ist das Ergebnis nun eher eine Hommage an Maria Kwiatkowsky als an den ursprünglich geplanten Film geworden.
Der Tod der Kollegin hatte die am Ursprungsfilm Beteiligten viel enger zusammengeschweißt, dennoch gestaltete es sich überaus schwierig, das Projekt trotzdem noch fertigzustellen. Es kam zu Rechtsstreitigkeiten mit der Versicherung, die erst in den nächsten Monaten endgültig geklärt werden dürften; zusätzlich verging viel Zeit, was es schwierig machte, für die schließlich anberaumten Nachdrehs alle Schauspieler wieder unter einen Hut zu bringen. Kwiatkowskys Filmpartner Bastian Trost äußerte sich ebenfalls zu den ungewöhnlichen Dreharbeiten im Interview im Foyer des Odeon-Kinos: „Ich war erleichtert, wie man aus so etwas Schrecklichem einen solch interessanten und humorvollen Film machen kann. Es ist eine Liebeserklärung ans Filmemachen und ans Leben, ein insgesamt sehr positiver Film.“ Für Trost war es ganz selbstverständlich, nach dem Abbruch der ursprünglichen Dreharbeiten mit Lola Randl und den anderen Beteiligten in ständigem Kontakt zu bleiben. Gemeinsam hatten sie in jener Zeit über Drehbuchänderungen und Ideen gesprochen, die nun teilweise ihren Weg in den fertigen Film gefunden haben. Obwohl er zu einem gewissen Teil auch den Tod Maria Kwiatkowskys thematisiere, sei „Die Erfindung der Liebe“ ein eigenständiges Werk geworden, das als Film-im-Film-Geschichte funktioniere und das Publikum auch dann zu berühren verstehe, wenn es Maria nicht gekannt habe, so Bastian Trost.
Nach der Projektion meldete sich im Kino vor der Leinwand Produzent Herbert Schwering zu Wort: „Wir waren sehr gespannt auf diesen Abend, nach all dem, was während der Dreharbeiten passiert ist.“ Er unterstrich, dass er von allen Seiten und allen Förderern, insbesondere von der Film- und Medienstiftung NRW, auch nach dem Tod der Hauptdarstellerin unterstützt worden sei. Co-Star Sunnyi Melles, die am gleichen Abend in Hürth vor der Kamera gestanden hatte, schaffte es gerade noch rechtzeitig, zum Publikumsgespräch im Odeon-Kino zu sein. Wenn man als Zuschauer im Vorfeld von Marias Tod wisse, und dann beim Film trotzdem lachen und weinen könne, fände sie dies für alle sehr befreiend und tröstend, sagte Melles. „Wir können nicht beim Tod eines jeden Menschen betroffen sein und in Tränen ausbrechen, aber einige Erinnerungen an die Ursprungsdreharbeiten haben mich bei den Nachdrehs dann doch weinen lassen.“ Auch weil sie in der zweiten Drehphase eine zickige Schauspielerin zu mimen hatte und dabei trotzdem mit ganz privaten Emotionen zurechtkommen musste, sei diese Arbeit nicht mit normaler Schauspielerei zu vergleichen gewesen.
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