Eines vorweg: Die Ausstellung von Maria Lassnig, die aus der Sammlung ihres Wiener Galeristen Helmut Klewan zusammengestellt ist, ersetzt keine Museumsausstellung wie die im Folkwang Museum Essen vor vier Jahren. Sie ergänzt sie. Im Käthe Kollwitz Museum handelt es sich eher um eine umfangreiche Kabinettausstellung der international verehrten österreichischen Malerin. Sie wirft in der großen Anzahl sehr guter Zeichnungen und mit einigen wenigen Gemälden das Augenmerk auf einzelne Aspekte und das, was das Gemeinsame in ihrem Werk ausmacht.
Einmalig ist hier die gegenseitige Erhellung: Im unteren Ausstellungsbereich begegnet Lassnig (1919-2014) mit ihrem Frühwerk und einigen Malereien dem Sammlungsbestand von Käthe Kollwitz. Natürlich, beide Künstlerinnen wirkten in verschiedenen Phasen des 20. und 21. Jahrhunderts und das unter nicht zu vergleichenden Verhältnissen, schon was die Rolle der Frau in der Gesellschaft betrifft. Und genau hier kann der Vergleich über die äußeren Gemeinsamkeiten hinaus ansetzen (beide waren die jeweils erste weibliche Kunstprofessorin in ihrem Geltungsbereich): In der großen Anzahl an Selbstbildnissen, noch dazu im schonungslosen Blick auf dieses. Bei beiden Künstlerinnen ist die Zeichnung mit dem Bleistift das geeignete, souverän beherrschte Medium. Lassnig bringt vor allem die künstlerischen Erfahrungen der Abstraktion, Verdinglichung und Fragmentierung ihrer Zeit ins Bild – sie zeichnet und malt noch mit Buntstiften und Aquarellfarben. Oft beschränkt sie sich auf die Kontur und das Erzeugen von Raum und Leiblichkeit in der perspektivischen Verkürzung und mit illusionistischen Schattierungen.
Die Ausstellung der zweimaligen documenta-Teilnehmerin, die mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig ausgezeichnetwurde, ist ein Werküberblick. Die früheste ausgestellte Zeichnung ist um 1943 entstanden. Es ist spannend zu beobachten, wie Maria Lassnig den eigenen Körper als Instrument der Psyche und des Schutzlosen, aber auch sie Schützenden über Jahrzehnte erforscht, wie sie die Umgebung auf wenige Striche verknappt und doch wie einen engen Raum wirken lässt. Wie sie durch Deutlichkeit und Verfremdung Emotionalität und Gefährdung zum Ausdruck bringt und mit einfachen Mitteln den ganzen Kosmos des Lebens, des sich Veränderns und auch des Sterbens andeutet.
Dazu kommt schon mal eine provozierende Geste zum Einsatz – sei es mit der Pistole in der Hand oder mit der Grimasse im frontalen Blick auf den Betrachter, in Harmonie mit einem schlafenden Raubtier: All das ist, ebenso wie einige Gemälde, die von der Pop Art beeinflusst sein könnten, im Museum am Neumarkt zu sehen.
Immer wieder hat Hannelore Fischer als Direktorin den Kontakt zwischen dem Werk von Käthe Kollwitz und der heutigen Kunsthergestellt. Gegenüber den Einzelausstellungen von Karin Kneffel oder Max Uhlig mag die Lassnig aus der Sammlung Klewan etwas zart wirken. Aber in der Präsentation ihres tatsächlich kraftvollen Werkes über die Jahrzehnte, in der Vermittlung ihrer kompromisslosen Aussage und im Vortrag dessen, was Zeichnung alles kann, ist sie richtig prima.
Maria Lassnig – Die Sammlung Klewan | bis 9.1.22 | Käthe Kollwitz Museum Köln | 0221 227 28 99
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