Form und Ästhetik sind manchmal zwei Seiten einer Medaille, auch einer Entwicklung, die überhaupt erst zur Prägung des Metalls geführt hat, Kunst kann diese Verbindung durchbrechen, Kunst kann aber auch neue Formen von Objekten kreieren. Einer der ersten, der diese kunstvolle Verbindung auf Industrieprodukte und ihre Herstellungsverfahren anwandte, war der studierte Hamburger Künstler Peter Behrens (1868-1940), der später auch als Designer und Architekt Furore machte. Das Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) zeigt momentan die ersten beiden Jahrzehnte seines Schaffens. Das heißt Malerei in Studium und als Freischaffender, aber auch Mitbegründer der „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk“ in München. Das Bauhaus war da noch Zukunftsmusik, allerdings hat Walter Gropius vorher in Behrens Berliner Architekten-Atelier gearbeitet. Die Ausstellung in Köln zeigt schnell, dass impressionistische Landschaften dem Maler bald langweilig wurden, Furore machte er jedenfalls damit nicht, der „Alleskönner" wandte sich also kurz vor der Jahrtausendwende der Gestaltung im Kunstgewerbe zu – und der Architektur, was auch zahlreiche „studierte“ Kritiker auf den Plan rief.
Über 220 Objekte aus seiner Jugendstil-Frühzeit sind in Köln zu bestaunen. Irgendwie hat Behrens damals alles gestaltet, was ihm unter die Finger kam, Schlagzeilen machen bis heute das Corporate Design für AEG und der Schriftzug „Dem deutschen Volke“ auf den Berliner Reichstag. Aber er hatte auch Fürsprecher, die ihn jung bis zum Posten des Direktors der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule pushten. Highlights der Ausstellung sind sicher ein verschollen geglaubtes Klavier der Firma Ibach, Besteckstudien, Gläser, die berühmten lachenden Kaffeekannen von Kaiser´s, aber auch der Schiedmayer-Salonflügel (1901) aus dem Musikzimmer des Hauses Behrens in Darmstadt, den das MAKK selbst besitzt. Perfekt in Form und Funktion, dieser Anspruch ist längst auf den Mülldeponien gelandet, Wachstum durch Verfall ist das Industrie-Motto heute. Alleskönner und „Autodidakt“ Peter Behrens hätte das sicher nicht gefallen.
#alleskönner | bis 1.7. | Museum für Angewandte Kunst Köln | 0221 22 12 38 60
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Schwerpunkt Zürcher Konkrete
Einblick in die Sammlung von Richard G. Winkler im MAKK
Spiel mit der Melancholie
Andreas Staier im MAKK – Musik 11/23
Sehen in Lichtgeschwindigkeit
Horst H. Baumann im Museum für Angewandte Kunst – kunst & gut 10/23
Der Baum in uns allen
„Between the Trees“ im MAKK – Kunstwandel 03/23
Frieden im Nachruhm
Auch im Rückblick frech: „Pentagon“ im MAKK – kunst & gut 04/20
Immer Keramik oder Weberei
Frauen am Bauhaus – Ausstellungen in Köln und Bonn – Kunst 06/19
Mehr als Bananen
Andy Warhols Plattencover im MAKK – das Besondere 11/18
Und es ward Licht
Lichtkunstprojekt „Collumina“ feiert Premiere – Kunst 03/18
Bedürfnis nach Musik
Diskussion „Von der Unfreiheit der freien Musikszene“ bei der Kölner Musiknacht – Spezial 10/17
Macbeth trifft Super Mario
„Im Spielrausch“ eröffnet im Museum für Angewandte Kunst – Kunst 08/17
Ein Bewusstseinsrausch, der anhält
ökoRausch Festival für Design und Nachhaltigkeit im MAKK – Spezial 05/17
Umso einfacher
Stefan Diez im Museum für Angewandte Kunst – kunst & gut 03/17
„Was ist ,analoger‘ als der menschliche Körper?“
Kuratorin Elke Kania über „Zeit-Bilder.“ im Aachener Kunsthaus NRW Kornelimünster – Interview 01/25
Mehr als Bilder an der Wand
„Museum der Museen“ im Wallraf-Richartz-Museum – kunst & gut 12/24
Vorgarten der Unendlichkeit
Drei Ausstellungen zwischen Mensch und All – Galerie 12/24
Vorwärts Richtung Endzeit
Marcel Odenbach in der Galerie Gisela Capitain – Kunst 11/24
Mit dem Surrealismus verbündet
Alberto Giacometti im Max Ernst Museum Brühl des LVR – kunst & gut 11/24
Außerordentlich weicher Herbst
Drei Ausstellungen in Kölner Galerien schauen zurück – Galerie 11/24
Fragil gewebte Erinnerungen
„We are not carpets“ im RJM – Kunst 10/24
Geschichten in den Trümmern
Jenny Michel in der Villa Zanders in Bergisch Gladbach – kunst & gut 10/24
Ein Himmel voller Bäume
Kathleen Jacobs in der Galerie Karsten Greve – Kunst 09/24
Leben/Macht/Angst
„Not Afraid of Art“ in der ADKDW – Kunst 09/24
Lebenswünsche
„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ in Köln – Kunst 09/24
Die Freiheit ist feminin
„Antifeminismus“ im NS-Dokumentationszentrum – Kunstwandel 09/24
Atem unserer Lungen
„Body Manoeuvres“ im Skulpturenpark – kunst & gut 09/24